19.11.2005 Verfahrensrecht

OGH: Auch bei einem schlüssigen Verzicht auf die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens kann die Einrede der mangelnden Fälligkeit nicht mehr erhoben werden


Schlagworte: Versicherungsrecht, Fälligkeit, Sachverständigenverfahren, Kollisionskasko
Gesetze:

Art 11 Allgemeinen Bedingungen für die Kollisionskasko-Versicherung (KK 2002)

In seinem Beschluss vom 28.09.2005 zur GZ 7 Ob 197/05d hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im Einwand der mangelnden Fälligkeit wegen fehlendem Sachverständigenverfahren nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kollisionskasko-Versicherung die unbefristete Forderung nach Durchführung eines solchen Verfahrens zu sehen ist:

Dem Kläger wurde seitens der beklagten Versicherung für einen Schaden, den er durch einen Verkehrsunfall hinsichtlich seines Wohnwagenanhängers erlitten hatte, bereits außergerichtlich ein Entschädigungsbetrag gezahlt, den der Kläger jedoch als zu gering erachtete. Für den Fall, dass sich die Vertragsparteien hinsichtlich der Schadenshöhe nicht einigen können, sehen die angeführten Versicherungsbedingungen ein Sachverständigenverfahren vor, jedoch wurde ein solches nicht durchgeführt. Von den Vorinstanzen wurde das Verfahren daher wegen mangelnder Fälligkeit und mangels eines Verzichts der Beklagten auf ein solches Verfahren abgewiesen.

Der OGH führte dazu aus: Es besteht bereits einhellige Rechtsprechung zur Frage der Auslegung und der schlüssigen Verzichtsannahme eines Versicherers auf ein Sachverständigenverfahren, das in den Versicherungsbedingungen vorgesehen und fakultativ durchzuführen ist. Soweit die Durchführung eines solchen verlangt wird, kann keine Leistungsklage erhoben werden, sondern lediglich eine Feststellungsklage. Hinsichtlich eines schlüssigen Verzichts des Versicherers ist ein strenger Maßstab anzuwenden. Ein Verzicht liegt aber jedenfalls dann vor, wenn die Versicherungsleistung endgültig abgelehnt wird, womit auch Fälligkeit eintritt. Wenn jedoch ein Entschädigungsbetrag gezahlt wird, der von der Versicherung als adäquat angesehen wird, können sowohl Kläger als auch dessen rechtsanwaltlicher Vertreter zu Recht davon ausgehen, dass ein Verzicht auf ein vorgeschaltetes Sachverständigenverfahren vorliegt und Leistungsklage erheben.