10.12.2005 Verfahrensrecht

OGH: Eine Amtshaftungsklage reicht für sich allein noch nicht aus, um die Befangenheit des betroffenen Richters in Zweifel zu ziehen


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, Befangenheit, Amtshaftungsverfahren, Strafanzeige, Disziplinaranzeige
Gesetze:

§§ 20 ff JN

In seinem Beschluss vom 06.10.2005 zur GZ 6 Ob 213/05z hatte sich der OGH mit der Ablehnung eines Richters aufgrund eines anhängigen Amtshaftungsverfahrens auseinanderzusetzen:

Der Ablehnungsantrag des Fünftbeklagten wurde zurückgewiesen, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die betroffene Richterin nicht bereit wäre, ihre frühere Rechtsansicht gegebenenfalls kritisch zu überdenken und davon abzuweichen. Der Rekurswerber brachte vor, dass schon allein das anhängige Amtshaftungsverfahren den äußeren Anschein begründe, die Entscheidungsfindung erfolge nicht allein auf Basis sachlicher Überlegungen.

Der OGH führte dazu aus: Die Möglichkeit, einen Richter wegen Befangenheit abzulehnen ist zeitlich begrenzt. Hat sich die Partei in das Verfahren eingelassen oder Anträge gestellt, ohne einen bereits bekannten Ablehnungsgrund sofort geltend zu machen, ist das Ablehnungsrecht verwirkt. Weder ein Amtshaftungsverfahren, noch eine Strafanzeige oder Disziplinaranzeige reichen aus, um eine Befangenheit des Richters zu begründen, weil der Partei ansonsten die Möglichkeit eingeräumt würde, sich der Entscheidung durch einen ihr missliebigen Richter zu entziehen. Es entspricht durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass es zu derartigen Angriffen auf Richter durch solche Parteien, die sich durch eine Entscheidung benachteiligt fühlen, kommt. Das allein lässt aber noch nicht den Schluss zu, dass Richter dadurch nicht in der Lage wären, Entscheidungen auf Grundlage rein sachlicher Überlegungen zu treffen.