11.01.2006 Verfahrensrecht

OGH: Trotz der Bestimmungen des IPRG ist die Frage nach dem anzuwendenden ausländischen Recht durch die Rechtmittelinstanz nicht aufzugreifen, soweit im Rechtsmittel eine Rechtsrüge nicht enthalten ist


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, Rechtsmittelinstanz, Rechtsrüge
Gesetze:

§ 11 Abs 2 IPRG, §§ 3, 4 IPRG, § 496 Abs 1 ZPO

In seinem Erkenntnis vom 18.10.2005 zur GZ 1 Ob 163/05k hatte sich der OGH mit der Frage nach der amtswegigen Prüfung des anzuwendenden ausländischen Rechts auseinanderzusetzen:

Der Vertrag, der zwischen der türkischen Klägerin und der italienischen Beklagten abgeschlossen wurde, sieht zwar die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte vor, enthält aber keine Vereinbarung hinsichtlich des anzuwendenden Rechts. Im Verfahren wurden italienisches Recht sowie die Bestimmungen des UN-Kaufrecht angewandt, ohne dass hiezu von den Streitteilen Einwände erhoben wurden. Auch in der gegen die Entscheidung des Erstgerichts erhobenen Berufung wurde auf das anzuwendende Recht kein Bezug genommen. Vom Berufungsgericht wurde die angefochtene Entscheidung jedoch aufgehoben, weil eine bloß schlüssige Rechtswahl nicht ausreiche und die Prüfung des anzuwendenden ausländischen Rechts unterblieben sei, obwohl eine Rechtsrüge nicht erhoben worden ist.

Der OGH führte dazu aus: Die Überprüfung einer Entscheidung durch die Rechtsmittelinstanz ist - abgesehen vom Ausnahmefall einer amtswegig wahrzunehmenden Nichtigkeit - nur im Rahmen der Rechtsmittelanträge, -erklärungen und -gründe durchzuführen. Die Anwendung von fremden Recht im Inland stellt eine Rechtsfrage dar und dessen Anwendung erfolgt von Amts wegen. Sollte in diesem Zusammenhang ein Fehler unterlaufen, kann dieser als unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden. Unabhängig von den Bestimmungen des IPRG darf jedoch eine Überprüfung des angewandten Rechts nicht erfolgen, soweit von den Parteien eine Rechtsrüge nicht erhoben worden ist.