10.12.2005 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Werden Unfallverhütungsvorschriften nicht eingehalten, bedeutet das allein noch nicht das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit


Schlagworte: Sozialrecht, grobe Fahrlässigkeit, Sorgfaltspflicht, Unfallverhütungsvorschriften
Gesetze:

§§ 175, 209 Abs 1, 333, 334 ASVG

In seinem Erkenntnis vom 30.09.2005 zur GZ 9 ObA 78/05v hatte sich der OGH mit der Ersatzpflicht des Betriebsaufsehers gegenüber den Sozialversicherungsträgern im Falle der grob fahrlässigen Verursachung eines Arbeitsunfalls auseinanderzusetzen:

Die klagende Partei begehrte den Ersatz von jenen Leistungen, die im Zusammenhang mit einem Unfall eines Lehrlings, der mit dem Beklagten als Vorarbeiter zusammengearbeitet hat und dabei von einem Dach gestürzt ist. Des weiteren wurde die Feststellung der Haftung für alle künftigen Pflichtaufwendungen im Zusammenhang mit diesem Ereignis verlangt, weil der Beklagte den Arbeitsunfall grob fahrlässig durch einen Verstoß gegen die Bauarbeiterschutzverordnung und die KJBG-VO verursacht habe, indem keine Absturzsicherungen angebracht bzw. keine entsprechenden Anordnungen erteilt wurden.

Der OGH führte dazu aus: Ein grob fahrlässiges Verhalten ist dann zu bejahen, wenn ein besonders schwerer Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht vorliegt, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles dieser Sorgfaltsmangel auch in subjektiver Hinsicht schwerwiegend sein muß. Allein ein Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften oder eine strafgerichtliche Verurteilung allein, reichen für die Annahme einer groben Fahrlässigkeit daher nicht aus. Soweit eine unmittelbare Absturzgefahr nicht gegeben ist, besteht auch keine Verpflichtung, eine besondere Beaufsichtigung oder Absturzschutzeinrichtungen vorzusehen. Die mangelnde Weisung, den ungefährlichen Bereich nicht zu verlassen, vermag den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit noch nicht zu begründen.