13.05.2006 Verfahrensrecht

OGH: Schutzzweck der sich aus § 328 Abs 1 EO ergebenden Pflicht zur Verwalterbestellung ist, die Parteien des Verfahrens vor allen denkbaren Nachteilen zu bewahren, die aus Verzögerungen bei der Erledigung resultieren; Rechtsbehelfe - wie beispielsweise die Urgenz einer behördlichen Tätigkeit -, die keine Entscheidungspflicht einer Behörde zur Folge haben, gelten nicht als "Rechtsmittel" iSd § 2 Abs 2 AHG


Schlagworte: Insolvenzrecht, Amtshaftung, Zwangsverwaltung, Pfandrecht, Rangordnungsbeschluss, freihändiger Verkauf, Verwalterbestellung
Gesetze:

§§ 325 ff EO, § 2 Abs 2 AHG, § §§ 1295ff ABGB

Mit Beschluss vom 07.03.2006 zur GZ 1 Ob 151/05w hat sich der OGH mit der Amtshaftung im Zuge einer Exekution befasst:

Der Rechtspfleger bewilligte mit Beschluss die von der Klägerin beantragte Exekution mit dem Beisatz: "Die Verwertung durch Zwangsverwaltung gemäß § 328 EO bleibt vorbehalten." In der Folge wurde das vorgemerkte Eigentum des Verpflichteten gerechtfertigt und unter Ausnutzung des Rangordnungsbeschlusses das Pfandrecht, zu Gunsten jenes Bankinstituts das den Liegenschaftskauf finanziert hatte, bis zum Höchstbetrag von ATS 28,000.000 einverleibt. Schon zuvor wurde über das Vermögen des Verpflichteten der Konkurs eröffnet. Aus dem freihändigen Verkauf der Liegenschaft konnte die Klägerin nicht befriedigt werden und klagte aus dem Titel der Amtshaftung.

Dazu der OGH: Das Gericht hat ohne erkennbaren Grund die Verwalterbestellung unterlassen und sich darauf beschränkt, mittels gekürzter Ausfertigung die beantragte Pfändung zu bewilligen. Infolge Nichtbestellung des Verwalters ist es (durch die Verzögerung) zum Zuvorkommen eines bücherlich Berechtigten und letztlich zu einem Vermögensschaden der Klägerin gekommen. Die Unterlassung der Bestellung eines Verwalters nach § 328 Abs 1 EO beruht nicht auf einer vertretbaren Rechtsauffassung, sondern bedeutet ein Abweichen von einer gesetzlichen Anordnung, ohne dass eine sorgfältige und begründete Überlegung dafür erkennbar wäre. Es liegt daher nicht nur ein objektiv unrichtiges Organverhalten vor, sondern gemessen an § 1299 ABGB ein Verhalten, das ein Amtshaftung begründendes Verschulden darstellt. Das Unterlassen der Urgenz der Verwalterbestellung ist der Klägerin auch nicht als Verstoß gegen die Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG anzulasten. Jedoch ist der Klägerin das Unterlassen jeglicher Kontaktaufnahme oder Urgenz als Sorglosigkeit im Umgang mit den eigenen Rechtsgütern anzulasten und somit trifft sie ein Mitverschulden. Hätte die Klägerin die gebotene Verwalterbestellung innerhalb der etwa elf Wochen bis zur wirksamen Eintragung des fremden Höchstbetragspfandrechts urgiert, wäre es zur Anmerkung der Zwangsverwaltung noch vor Einverleibung des Höchstbetragspfandrechts der anderen Bank gekommen. Somit sah der OGH eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1:2 zu Lasten der beklagten Partei als gerechtfertigt.