20.05.2006 Verfahrensrecht

OGH: Fehlt ein konkretes Vorbringen der verpflichteten Partei, die Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe erfüllt zu haben, ist die Frage eines Verstoßes gegen Art 6 EMRK und das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsrecht aufgrund deren Verweigerung nicht zu prüfen


Schlagworte: internationales Zivilverfahrensrecht, Verfahrenshilfe, ordre public
Gesetze:

§ 116 Abs 1 Z 2 dZPO, Art 6 EMRK, Art 34 Nr. 1 EuGVVO

In seinem Beschluss vom 15.02.2006 zur GZ 3 Ob 242/05t hatte sich der OGH mit der Frage eines möglichen ordre-public-Verstoßes, wenn dem Beklagten im Ursprungsland schon aufgrund des Gesetzes die Verfahrenshilfe zu versagen gewesen sei, auseinanderzusetzen:

Die verpflichtete Partei stellte an ein deutsches Landgericht einen Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe, nachdem sie gegen einen deutschen Mahnbescheid Widerspruch erhoben hatte. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, dass ausländischen juristischen Personen keine Prozesshilfe gewährt werden könne und es wurde ein Versäumungsurteil erlassen und in Österreich für vollstreckbar erklärt. Dagegen erhob die verpflichtete Partei Rekurs, weil sie darin sowohl einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung als auch gegen Art 6 EMRK verwirklicht sah.

Der OGH führte dazu aus: Bei der Beurteilung, ob die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung zu verweigern ist, muss darauf abgestellt werden, ob dadurch gegen den ordre public des Zweitstaates verstoßen wird. Ein solcher wäre jedoch nur dann anzunehmen gewesen, wenn die verpflichtete Partei die Voraussetzung für die Gewährung der Verfahrenshilfe erfüllt hätte. Eine solche Behauptung wurde jedoch nicht einmal erhoben, weshalb mangels ausreichenden Vorbringens zu einem konkreten ordre-public-Verstoß der Rekurs zu Recht abgelehnt wurde.