11.06.2006 Verfahrensrecht

OGH: Bis zu welchem Zeitpunkt der Beklagte die Einrede der Unzuständigkeit erheben kann, richtet sich nach den innerstaatlichen Vorschriften - dabei sind jedoch stets die von der EuGVVO gesetzten Grenzen zu beachten


Schlagworte: internationales Verfahrensrecht, internationale Zuständigkeit, Gerichtsstandvereinbarung, Rechtsstreiteinlassung
Gesetze:

Art 5 Nr.5, Art 24, Art 26 Abs 1 EUGVVO; § 240 ZPO

In seinem Erkenntnis vom 04.04.2006 zur GZ 1 Ob 73/06a hat sich der OGH mit der Frage, ob das zuvor international unzuständige Gericht gemäß Art 24 EuGVVO auf Grund des prozessualen Verhaltens der Beklagten nachträglich zuständig geworden ist, befasst:

In ihrem Widerspruch gegen das wegen Nichterstattung der Klagebeantwortung erlassene klagestattgebende Versäumungsurteil erhob die Beklagte - neben Einwendungen zur Hauptsache - die Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Dem hielt die Klägerin entgegen, die Unzuständigkeitseinrede könne gemäß § 240 ZPO in einem Widerspruch gegen das Versäumungsurteil nicht mehr nachgeholt werden.

Der OGH führte dazu aus: Da der Beklagte infolge Art 26 Abs 1 EuGVVO vor einem international unzuständigen Gericht gar nicht erscheinen muss, sondern eine Unzuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist, kann er auch nicht durch nationales Prozessrecht zur Rüge der Unzuständigkeitvor der tatsächlichen Streiteinlassung gezwungen werden. Im vorliegenden Fall erfolgte die Streiteinlassung (erst) durch Erhebung des - die Unzuständigkeitseinrede enthaltenden - Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil, weshalb keine Rede davon sein kann, die Beklagte hätte sich iSd Art 24 EuGVVO bereits vorher auf ein Verfahren vor dem Erstgericht eingelassen.