28.07.2006 Verfahrensrecht

OGH: Die Vorlage einer nach § 304 ZPO gemeinschaftlichen Urkunde kann gemäß dem Art XLIII EGZPO verlangt werden, ohne dass sonstige rechtliche Voraussetzungen vorliegen müssen


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, gemeinschaftliche Urkunde, Vorlagepflicht
Gesetze:

Art XLIII EGZPO, § 304 ZPO

In seinem Beschluss vom 16.05.2005 zur GZ 1 Ob 94/06i hatte sich der OGH mit der Vorlagepflicht des Art XLIII EGZPO auseinanderzusetzen:

Der Kläger hatte zur Abrechung der Gebühren für seine Tätigkeit als Schiedsrichterbeobachtungsreferent auf zehn Listen Blankounterschriften geleistet und begehrt nunmehr Einsicht in diese Unterlagen. Die beklagte Partei wandte ein, über keine derartigen Listen zu verfügen und bestritt darüber hinaus das Vorliegen eines schutzwürdigen rechtlichen Interesses des Klägers an einer solchen Einsichtnahme. Von den Vorinstanzen wurde das Begehren aufgrund mangelndem rechtlichen Interesse abgewiesen.

Der OGH führte dazu aus: Der Anspruch auf Vorlage einer Urkunde gemäß Art XLIII EGZPO setzt allein voraus, dass es sich um eine gemeinschaftliche Urkunde handelt. Eine solche liegt vor, wenn zwischen dem Anspruchsteller und dem Urkundenbesitzer ein Rechtsverhältnis besteht oder in Ermangelung eines solchen die Gemeinschaftlichkeit sich aus dem Inhalt der Urkunde ergibt. Sonstige Voraussetzungen, insbesondere ein rechtliches Interesse, werden nicht gefordert. Zweck des Art XLIII EGZPO ist die gerichtliche Durchsetzung einer Informationsbeschaffung, womit diese Bestimmung über den Zweck des § 304 ZPO hinausreicht.