01.09.2006 Verfahrensrecht

OGH: Ob das Redaktionsgeheimnis einen genügenden Grund für eine Aussageverweigerung darstellt, ist auf den Einzelfall bezogen zu beurteilen


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, Aussageverweigerung, Beweiswürdigung
Gesetze:

§ 381 ZPO, § 31 MedienG

In seinem Beschluss vom 29.06.2006 zur GZ 6 Ob 130/06w hatte sich der OGH mit der Frage, ob die Berufung einer Partei auf das Redaktionsgeheimnis im Sinne des § 31 MedienG einen genügenden Grund für eine Aussageverweigerung im Sinne des § 381 ZPO darstellt, auseinanderzusetzen:

Die Klage umfasst den Vorwurf der Ehr- und Kreditschädigung der klagenden Partei, nachdem der Beklagte in einem Fernsehbeitrag die klagende Partei der Steuerhinterziehung bezichtigt hatte, weil diese Löhne in unversteuerter Form auszahlen würde. Zu seiner Rechtfertigung gab der Beklagte an, der von ihm produzierte Beitrag sei nachträglich ohne sein Wissen zum Zweck der Sendezeiteinsparung gekürzt und dadurch in seinem Sinn verändert worden. Den Namen jener Person, durch welche die Kürzung des Beitrages erfolgte, hat der Beklagte verschwiegen und sich dabei auf das Redaktionsgeheimnis berufen.

Der OGH führte dazu aus: Trotz zum Teil gegenteiliger Lehrmeinungen hält der OGH an seiner Rechtsprechung fest, dass sich im Zivil- und Strafverfahren entsprechend dem Wortlaut des § 31 MedienG als auch der ausdrücklichen Absicht des historischen Gesetzgebers grundsätzlich nur Zeugen auf das Redaktionsgeheimnis berufen können. Soweit sich daher eine Partei im Zivilverfahren auf die Bestimmung des § 31 MedienG beruft, ist diese Aussageverweigerung durch das Gericht gemäß dem § 381 ZPO entsprechend zu würdigen. Im Einzelfall kann sich aber ergeben, dass das Redaktionsgeheimnis, wobei auch dessen Zweck zu berücksichtigen ist, durchaus einen solch genügenden Grund für eine Verweigerung der Aussage darstellt.