23.11.2006 Verfahrensrecht

OGH: Lassen sich die maßgeblichen Positionen der unfallbeteiligten Fahrzeuge erst durch das Sachverständigengutachten exakt ermitteln, wäre die Forderung an den Kläger, sein Tatsachenvorbringen entweder dem Sachverständigengutachten detailgetreu anzupassen oder bereits zuvor sämtliche Eventualitäten des möglichen Unfallgeschehens umfangreich darzulegen, überzogen


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, Schadenersatzrecht, Gutachten
Gesetze:

§ 482 Abs 1 ZPO, § 496 Abs 3 ZPO, § 503 Z 2 ZPO, §§ 1295 ff ABGB

In seinem Erkenntnis vom 21.09.2006 zur GZ 2 Ob 179/06x hat sich der OGH mit der Frage befasst, ob die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches aus einem Verkehrsunfall ein vom Kläger nicht einmal andeutungsweise vorgetragenes Tatsachenvorbringen deckt:

OGH: Nach stRsp setzt die Berücksichtigung "überschießender Beweisergebnisse" bei der rechtlichen Beurteilung voraus, dass diese im Parteienvorbringen Deckung finden, sich also im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten. Sogenannte "überschießende Feststellungen", die in den Prozessbehauptungen der Parteien keinerlei Deckung finden, sind hingegen bedeutungslos und unbeachtlich. Werden sie dennoch der Entscheidung zugrunde gelegt, wird damit nach der jüngeren Judikatur des OGH nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, sondern die Sache unrichtig rechtlich beurteilt, was auch ohne Verfahrensrüge wahrzunehmen ist.

Bei einem Prozess wegen eines Verkehrsunfalles liegt die beweistechnische Besonderheit darin, dass in einer wohl überwiegenden Zahl der Fälle die genaue Rekonstruktion des Unfallgeschehens durch einen gerichtlichen, kfz-technischen Sachverständigen erfolgt, dessen auf den Aussagen der Unfallbeteiligten und den sonstigen Beweisergebnissen (wie zB Lokalaugenschein, Fotos der Fahrzeuge) beruhendes Gutachten eine wesentliche Entscheidungshilfe darstellt. Lassen sich aber die maßgeblichen Positionen der unfallbeteiligten Fahrzeuge erst durch das kfz-technische Sachverständigengutachten exakt ermitteln, wäre die Forderung an den Kläger, sein Tatsachenvorbringen entweder dem Sachverständigengutachten detailgetreu anzupassen oder bereits zuvor sämtliche Eventualitäten des möglichen Unfallgeschehens umfangreich darzulegen, überzogen.