23.11.2006 Verfahrensrecht

OGH: Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt den Ablauf der im § 8 Abs 1 VerG vorgesehenen Frist und damit die Klagbarkeit des Anspruches nicht voraus


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, Schlichtungsverfahren, Verein, einstweilige Verfügung
Gesetze:

§§ 577 ff ZPO, § 8 Abs 1 VerG, § 381 Z 2 EO

In seinem Beschluss vom 12.09.2006 zur GZ 10 Ob 50/06k hatte sich der OGH mit der Frage der Zulässigkeit und den Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung von Mitgliedsrechten während eines vereinsinternen Schlichtungsverfahrens auseinanderzusetzen:

Der Antragsteller ist Fußballspieler und begehrte in diesem Verfahren den Erlass einer einstweiligen Verfügung, nachdem durch den gegnerischen Fußballverband eine Sperre im Umfang von 15 Pflichtspielen wegen schwerwiegender Verbandsverstöße verhängt worden war, weil der Antragsteller zunächst eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhob, ohne zuvor die in den Vereinstatuten vorgesehene Schlichtungsstelle in Anspruch genommen zu haben und sich weigerte, diese Klage zurückzunehmen. Während das Erstgericht die einstweilige Verfügung erließ, weil die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme wegen der Inanspruchnahme des Gerichts rechtsstaatlich nicht tragbar sei, wies das Rekursgericht den Antrag ab, weil noch kein klagbarer Anspruch entstanden sei, der durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden könne und eine derartige Verfügung aufgrund der Vereinsautonomie unzulässig wäre.

Der OGH führte dazu aus: Ein möglicher Anspruch, der zwar noch nicht klagbar ist, weil die im § 8 Abs 1 VerG vorgesehene Frist für ein Schlichtungsverfahren noch nicht abgelaufen ist, kann dennoch aufgrund des bestehenden Sicherungsbedürfnisses den Erlass einer einstweiligen Verfügung bewirken. Entscheidungen und Verfügungen eines Vereins können durch das Gericht auf die Einhaltung der Statuten in formeller und materieller Hinsicht sowie den Bestimmungen des zwingenden Rechts überprüft werden. Es können aber solche Beschlüsse, die gegen den § 6 MRK verstoßen, durch das Gericht für unwirksam erklärt werden, auch wenn der vereinsinterne Instanzenzug nicht oder noch nicht ausgeschöpft wurde. Ein solcher liegt im gegenständlichen Fall, in welchem dem Antragssteller mit einer höheren Vereinsstrafe gedroht wurde, sofern er die gerichtliche Geltendmachung seines Anspruches weiter verfolgt, jedenfalls vor.