14.12.2006 Verfahrensrecht

OGH: Die Fällung eines Versäumungsurteils ohne jegliche mündliche Verhandlung stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Mündlichkeit dar


Schlagworte: Zivilprozessrecht, Versäumungsurteil, Mündlichkeit
Gesetze:

§ 396 ZPO

In seinem Erkenntnis und Beschluss vom 17.10.2006 zur GZ 1 Ob 188/06p hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob neben dem Antrag auf Fällung eines Versäumungsurteils auch ausdrücklich ein Antrag auf Klageabweisung erforderlich ist:

Der Kläger begehrte aus einem Unfall Schadenersatz sowie die Feststellung, dass die Beklagten auch für künftige Schäden aus dem Unfall einzustehen hätten. Nachdem die Beklagten fristgerecht eine Klagebeantwortung erhoben hatten, wurde vom Gericht eine vorbereitende Tagsatzung anberaumt, zu welcher allerdings der Kläger nicht erschien. Die Klage wurde daher auf Antrag der Beklagten mittels eines Versäumungsurteils abgewiesen und der Kläger zum Ersatz der entstandenen Prozesskosten verurteilt. Der Kläger stützt seine Revision auf den Umstand, die Beklagten hätten weder deren Vorbringen noch deren Begehren auf Klageabweisung in der Verhandlung mündlich wiederholt.

Der OGH führte dazu aus: Seit der Zivilverfahrensnovelle 2002 hat ein Versäumungsurteil auch dann zu ergehen, wenn einer der beiden Streitteile nach erhobener Klage oder Klagebeantwortung nicht zur vorbereitenden Streitverhandlung erscheint. Soweit keine widersprüchlichen Beweise vorliegen, ist das Vorbringen des Gegners für wahr zu halten und davon auszugehen, dass die säumige Partei ihr Urteilsbegehren nicht mehr aufrechterhält. Die Bestimmung des §396 ZPO stellt eine Sondernorm dar, die den Grundsatz der Mündlichkeit einschränkt. Die mündliche Verhandlung dient dem Zweck, die tatsächlichen Streitpunkte herauszufiltern, um entweder einen Vergleich zu ermöglichen oder das Prozessprogramm festzulegen. Ist jedoch eine Entscheidung über gegensätzliche Standpunkte infolge Nichterscheinens einer Partei nicht mehr notwendig, erübrigt sich jeder mündliche Vortrag.