04.01.2007 Verfahrensrecht

OGH: Wird im Bereich der einstweiligen Verfügung eine Sittenwidrigkeit behauptet, hat der Gefährdete jene Umstände zu bescheinigen, auf denen die Sittenwidrigkeit beruht


Schlagworte: Exekutionsrecht, einstweilige Verfügung, Sittenwidrigkeit, Befristung, Zeitablauf
Gesetze:

§§ 378 ff EO, § 29 Abs 3 SchSpG, Kollektivvertrag für die Ballettmitglieder der Österreichischen Bundestheater

In seinem Beschluss vom 18.10.2006 zur GZ 9 ObA 100/06f hatte sich der OGH mit der einstweiligen Verfügung auseinanderzusetzen:

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis zur beklagten Wiener Staatsoper GmbH nach wie vor aufrecht ist und diese daher auch verpflichtet sei, ihn als Balletttänzer am täglichen Gruppentraining teilnehmen zu lassen sowie in Rollen zu besetzen. Der Kläger wurde jeweils im Zuge von jährlich befristeten Bühnendienstverträgen beschäftigt. Der maßgebliche Kollektivvertrag sieht dabei vor, dass sich ein solcher Vertrag verlängert, sofern nicht unter anderem die Nichtverlängerung erklärt wird. Eine solche wurde seitens der beklagten Partei auch ausgesprochen, die daher ein aufrechtes Dienstverhältnis bestreitet. Der Kläger begehrt im Zusammenhang mit dem Gruppentraining den Erlass einer einstweiligen Verfügung, weil ihm nur dadurch die Aufrechterhaltung seiner körperlichen und künstlerischen Leistungsfähigkeit möglich sei und somit im Falle eines Ausschlusses ein unwiederbringlicher Schaden drohe.

Der OGH führte dazu aus: Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt voraus, dass die drohende Gefahr bescheinigt wird und im Falle eines strittigen Anspruchs, dass auch der behauptete Anspruch bescheinigt wird. Wird eine Sittenwidrigkeit behauptet, gilt auch hier, dass jene Umstände zu bescheinigen sind, die diese Sittenwidrigkeit begründen. Als sittenwidrig ist eine Kündigung dann zu bezeichnen, wenn diese aus unsachlichen Gründen erfolgt und dem Persönlichkeitsschutz zuwiderläuft. Für die Sittenwidrigkeit reicht daher noch nicht aus, wenn sich die Kündigung als soziale Härte erweist. Die Befristung von Arbeitsverhältnissen stellt gerade im Bereich des Schauspielgesetzes den Regelfall dar, wobei der Zeitablauf eine gesetzlich normierte Möglichkeit darstellt, um ein Arbeitverhältnis zu beenden. Zusätzlich wird durch den KollV zum Schutz des Arbeitnehmers vorgesehen, dass dieser durch die zusätzliche Erklärung des Arbeitgebers betreffend die Nichtverlängerung des Vertragsverhältnisses durch den Zeitablauf nicht überrascht wird. Allein die Beendigung durch Zeitablauf stellt daher auch noch keine Sittenwidrigkeit dar.