01.03.2007 Verfahrensrecht

OGH: Das Rechtsschutzinteresse für eine Unterlassungsklage fehlt, wenn im Einzelfall zwischen mehreren Klageberechtigten solche tatsächliche und/oder rechtliche Bindungen bestehen, dass nach der Lebenserfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass das schutzwürdige Interesse eines der Klageberechtigten durch einen anderen, der schon über einen entsprechenden Unterlassungstitel verfügt, vollwertig gewahrt wird


Schlagworte: Zivilverfahrensrecht, Wettbewerbsrecht, Rechtsschutzbedürfnis
Gesetze:

§ 226 ZPO, § 14 UWG

In seinem Beschluss vom 19.12.2006 zur GZ 4 Ob 241/06d hat sich der OGH mit dem Rechtsschutzbedürfnis befasst:

Der Kläger ist Rechtsanwalt in Vorarlberg. Er nimmt die Beklagte nach § 1 UWG wegen des gewerbsmäßigen Verfassens von Mietverträgen in Anspruch. Die Vorinstanzen haben seine Unterlassungsklage abgewiesen, weil die Vorarlberger Rechtsanwaltskammer bereits einen im Wesentlichen gleichlautenden Unterlassungstitel erwirkt hat, auf dessen Grundlage sie auch Exekution führt. Dem Kläger fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis.

Dazu der OGH: Das Rechtsschutzinteresse für eine Unterlassungsklage fehlt, wenn im Einzelfall zwischen mehreren Klageberechtigten solche tatsächliche und/oder rechtliche Bindungen bestehen, dass nach der Lebenserfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass das schutzwürdige Interesse eines der Klageberechtigten durch einen anderen, der schon über einen entsprechenden Unterlassungstitel verfügt, vollwertig gewahrt wird. Dabei lässt nur das Vorliegen eines Titels, nicht schon ein anhängiges Verfahren das Rechtsschutzinteresse entfallen.

Zwar hätte die rechtliche Verpflichtung der Kammer (§ 23 Abs 2 RAO) für sich allein noch nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses geführt. Denn der Kläger zeigt richtig auf, dass diese Verpflichtung im Gesetz nur allgemein formuliert ist und er keine Möglichkeit hat, die Kammer unmittelbar zum Einschreiten zu zwingen. Entscheidend ist aber, dass die Kammer auch tatsächlich - und zwar auch exekutiv - gegen die (angeblichen) Wettbewerbsverstöße der Beklagten vorgegangen ist und dass der Kläger als Kammermitglied zumindest mittelbare Möglichkeiten hat, weitere Schritte zu veranlassen.