08.03.2007 Verfahrensrecht

OGH: Nur ein Verhalten, das auch nach der Rechtslage vor 01.07.2006 rechtswidrig war, kann die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382g EO rechtfertigen


Schlagworte: Exekutionsrecht, einstweilige Verfügung, Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre, Stalking
Gesetze:

§ 382g EO

In seinem Beschluss vom 31.01.2007 zur GZ 8 Ob 155/06m hat sich der OGH mit dem Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre gemäß § 382g EO befasst:

Nach der Trennung versuchte der Antragsgegner die Antragstellerin über zwei Monate hindurch ständig, zumindest täglich, oft auch mehrmals täglich mit Telefonanrufen, SMS und E-Mails sowie persönlich zu kontaktieren.

Dazu der OGH: Versuche des von seinem bisherigen Partner verlassenen Teils, die Verbindung doch aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, sind durchaus nicht ungewöhnlich und müssen in gewissem Umfang von jedermann, der eine engere Bindung eingegangen ist, in Kauf genommen werden. Anders ist die Lage jedoch dann, wenn sich der eine Partner beharrlich weigert, den Bruch des Verhältnisses hinzunehmen und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln den anderen Teil zurückzugewinnen sucht, ihn dabei überwacht, verfolgt und nahezu täglich mit Telefonaten belästigt. Hier muss dem Recht des "Opfers" auf Schutz seiner privaten Sphäre der Vorrang vor dem Interesse des "Täters" am Kontakt mit ihm zuerkannt werden. Die mit 01.07.2006 in Kraft getretenen neuen Regelungen über einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre (§ 382g EO) schaffen keine neue Anspruchsgrundlage, sondern setzen diese vielmehr voraus. Nur ein Verhalten, das auch nach der Rechtslage vor 01.07.2006 rechtswidrig war, kann somit die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382g EO rechtfertigen. Daraus folgt, dass § 382g EO zwar gemäß der ausdrücklichen Übergangsbestimmung in § 409 Abs 2 EO erst anzuwenden ist, wenn der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung nach dem 30.06.2006 bei Gericht einlangt, dass aber ein vor diesem Zeitpunkt gesetztes materiellrechtlich rechtswidriges Verhalten beachtlich ist, somit eine einstweilige Verfügung nach § 382g EO auch dann erlassen werden kann, wenn das rechtswidrige Verhalten vor 01.07.2006 gesetzt wurde, solange nur der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung nach 30.06.2006 eingebracht wird.