24.12.2005 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Der Verlust von Rezepten bewirkt nicht den Verlust des Ersatzanspruches für die rechtmäßige Abgabe von Heilmitteln, sondern erhöht die Beweislast über das Bestehen des Anspruchs


Schlagworte: Sozialrecht, Gesamtvertrag, Krankenversicherungsträger, Beweismittel
Gesetze:

§ 67 VersVG, § 348a ASVG, §§ 1002ff ABGB, Gehaltskassengesetz

In seinem Erkenntnis vom 19.10.2005 zur GZ 7 Ob 3/05z hatte sich der OGH mit den vertraglichen Beziehungen zwischen dem Krankenversicherungsträger und den Apothekern sowie der Frage der Haftung für die Kostentragung von Heilmitteln bei Verlust der Rezepte auseinanderzusetzen:

Das klagende Versicherungsunternehmen begehrte von der beklagten Gebietskrankenkasse den Ersatz der von ihr geleisteten Entschädigungszahlung für verloren gegangene Rezepte. Der Versicherungsvertrag umfasst das Transportrisiko für Rezepte, die als Grundlage für die Verrechnung der von Apothekern für Rechnung der Gebietskrankenkasse abgegebenen Heilmittel unter Einschaltung der Pharmazeutischen Gehaltskasse dienen. Die beklagte Gebietskrankenkasse wandte neben der mangelnden Passivlegitimation auch den Forderungsübergang nach § 67 VersVG ab, weil aufgrund der vertraglichen Leistungsverpflichtungen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auszuschließen sei. Von den Vorinstanzen wurde der komplexe Sachverhalt sehr unterschiedlich beurteilt.

Der OGH führte dazu aus: Apotheker können Ihren Anspruch auf Abrechnung und Zahlung für Medikamente auf einen Gesamtvertrag gemäß § 348a ASVG und das Gehaltskassengesetz stützen. Solche Gesamtverträge, die zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Apothekerkammer abgeschlossen werden, gelten als Rechtsquellen sui generis, weil sie hinsichtlich des Zustandekommens als privatrechtliche Verträge gelten, weshalb bei der Auslegung die vertraglichen Grundsätze anzuwenden sind, hinsichtlich des Inhalts sind sie jedoch Gesetzen im materiellen Sinn gleichzuhalten und nach den Grundsätzen für die Auslegung von Gesetzen zu interpretieren. Aufgrund der normsetzenden Wirkung für Dritte dürfen solche Verträge die Grundrechte der Normunterworfenen nicht verletzen. Der unverschuldete Verlust von Rezepten führt nicht zum Ausschluss des Ersatzanspruchs gegenüber dem Krankenversicherungsträger, weil Rezepte nur als Beweismittel für die rechtmäßige Abgabe von Heilmitteln dienen und dieser Beweis auch auf andere Art erbracht werden kann.