05.07.2007 Verfahrensrecht

OGH: Die Erledigung oder Verweigerung der Amtshilfe stellt keinen normativen Akt, insbesondere keine Beschlüsse bzw Bescheide, dar


Schlagworte: Rechtshilfe- / Amtshilfeersuchen, normativer Akt
Gesetze:

§§ 36 ff JN, Art 22 B-VG

In seinem Beschluss vom 17.04.2007 zur GZ 10 Ob 28/07a hat sich der OGH mit dem Rechtshilfe- bzw Amtshilfeersuchen befasst:

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ersuchte das Pflegschaftsgericht um Übersendung des Pflegschaftsaktes zur kurzfristigen Einsichtnahme. Der Pflegschaftsrichter teilte der Staatsanwaltschaft Innsbruck mit, dass eine Aktenübersendung wegen der Bestimmung des § 141 AußStrG nicht zulässig erscheine. Es werde daher um Bekanntgabe gebeten, welche Auskünfte aus dem Akt benötigt würden. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hielt ihr Ersuchen unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 26, 36 StPO aufrecht. Das Erstgericht wies mit "Beschluss" den Antrag auf Aktenübersendung ab.

Dazu der OGH: Zunächst ist klarzustellen, dass das gegenständliche Verfahren entgegen der offenkundigen Ansicht der Vorinstanzen nicht die im Rechtsmittelweg zu klärende Frage der Akteneinsicht (§§ 22, 141 AußStrG) einer Verfahrenspartei oder einer verfahrensfremden Person betrifft, sondern ein Ersuchen der Staatsanwaltschaft Innsbruck um Aktenübersendung zum Gegenstand hat. Dieses Ersuchen um Übersendung des Pflegschaftsaktes für Beweiszwecke ist als Rechtshilfeersuchen iSd §§ 36 ff JN bzw als Ersuchen um Amtshilfe iSd Art 22 B-VG zu beurteilen.

Die Amtshilfe hat allerdings bloß internen Charakter, sie tangiert die Rechtssphäre der Parteien nicht unmittelbar. Weder die Verfahrensparteien noch das ersuchende Organ haben ein subjektives Recht darauf, dass Amtshilfe geleistet oder verweigert wird. Das ersuchende Organ ist daher auch nicht Partei in einem Verfahren zur Erlangung der Amtshilfe. Aus dem internen Charakter folgt auch, dass Ersuchen um Amtshilfe, deren Entsprechung, aber auch deren Ablehnung, keine normativen Akte, insbesondere keine Beschlüsse bzw Bescheide, darstellen. Die Erledigung oder Verweigerung der Amtshilfe hat daher auch nicht in Bescheid- oder Beschlussform zu ergehen.

Die Frage, welche Möglichkeiten der Staatsanwaltschaft Innsbruck im vorliegenden Fall konkret zur Verfügung stehen, um eine inhaltliche Überprüfung der ihrer Meinung nach unberechtigten Verweigerung der Entsprechung eines Rechtshilfe- bzw Amtshilfeersuchens durch das Pflegschaftsgericht zu erreichen, muss im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beurteilt werden. Entscheidend ist, dass der Ablehnung des Ersuchens durch das Pflegschaftsgericht ungeachtet des Umstandes, dass diese Entscheidung in Beschlussform ergangen ist, nicht die Qualität einer gerichtlichen Entscheidung, die im Rechtsmittelweg bekämpfbar wäre, zukommt. Ob eine mit Rechtsmitteln anfechtbare gerichtliche Entscheidung vorliegt, hängt nämlich nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist. Die Ablehnung des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Innsbruck durch das Pflegschaftsgericht ist daher kein Gegenstand von Rechtsmitteln. Aus diesem Grund war aus Anlass des Revisionsrekurses der angefochtene Beschluss des Rekursgerichtes ersatzlos aufzuheben und der von der Staatsanwaltschaft Innsbruck erhobene "Rekurs" zurückzuweisen.