02.08.2007 Verfahrensrecht

OGH: Von einer fachkundigen Laienrichterin ist zu erwarten, dass sie sich nicht von unsachlichen Motiven bei der Entscheidungsfindung allein deshalb leiten lässt, weil sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit bei einer Interessenvertretung, die Interessen eines früheren Arbeitnehmers einer der Prozessparteien gegenüber dieser vertreten hat


Schlagworte: Ablehnung eines fachkundigen Laienrichters, Arbeitsrecht, Befangenheit
Gesetze:

§ 19 JN

In seinem Beschluss vom 21.05.2007 zur GZ 8 ObA 20/07k hat sich der OGH mit der Ablehnung eines fachkundigen Laienrichters befasst:

Die beklagte Partei lehnte die fachkundige Laienrichterin aus dem Kreis der Arbeitnehmer mit der Begründung ab, dass diese als Leiterin des Rechtsschutzreferates einer freiwilligen Interessenvertretung der Arbeitnehmer, einen ehemaligen Mitarbeiter der beklagten Partei, der von dieser entlassen worden sei, vertreten und für diesen außergerichtlich Ansprüche gegenüber der beklagten Partei betrieben habe.

Dazu der OGH: Das Wesen der Befangenheit wird regelmäßig in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive gesehen, wobei auch schon die Befürchtung einer solchen Befangenheit ausreicht. Allerdings muss sich diese Befürchtung auf konkrete Umstände, die im Zusammenhang mit dem konkreten Verfahren und dessen Parteien stehen, stützen.

Den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin, dass es "in der Natur des Menschen liege, dass er einem Gegner an einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht völlig unbefangen gegenüberstehe, auch wenn es sich um eine andere Rechtssache handle", kann nicht gefolgt werden. Von einem Richter kann vielmehr erwartet werden, dass er auch dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn Klagen, Aufsichtsbeschwerden erhebt bzw Strafanzeigen und Disziplinaranzeigen erstattet. Um so mehr ist von einer fachkundigen Laienrichterin zu erwarten, dass sie sich nicht von unsachlichen Motiven bei der Entscheidungsfindung allein deshalb leiten lässt, weil sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit bei einer Interessenvertretung, die Interessen eines früheren Arbeitnehmers einer der Prozessparteien gegenüber dieser vertreten hat.