11.01.2007 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Für den Anfall der Berufsunfähigkeitspension ist die vollständige Aufgabe einer bestimmten Tätigkeit entscheidend


Schlagworte: Sozialrecht, Berufsunfähigkeitspension
Gesetze:

§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG

In seinem Erkenntnis vom 24.10.2006 zur GZ 10 ObS 149/06v hat sich der OGH mit der Frage befasst, ob der Anfall einer Berufsunfähigkeitspension durch eine gleichartige selbständige Tätigkeit verhindert wird:

OGH: Zur Vermeidung von Missbräuchen, nämlich zur Verhinderung der Möglichkeit, neben dem Bezug einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit die bisherige Tätigkeit weiter auszuüben, wurde mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 die Regelung des § 86 Abs 3 Z 2 Satz 3 ASVG eingeführt, dass für den Anfall einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit zusätzlich die Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der Versicherte als invalid bzw berufsunfähig gilt, erforderlich ist. In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu, dass verhindert werden soll, dass neben dem Bezug einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit "die bisherige Tätigkeit weiterhin ausgeübt wird". Ganz offensichtlich verfolgt die Neuregelung also den Zweck, Versicherte vom Leistungsbezug auszuschließen, die zwar objektiv nicht mehr in der Lage sind, ihrer versicherten Tätigkeit nachzugehen, aber auf Kosten ihrer Gesundheit oder aus Entgegenkommen ihres Arbeitgebers ihre bisherige Berufstätigkeit fortsetzen.

Das Beschäftigungsverhältnis darf, um "anfallunschädlich" zu sein, nur insoweit nicht weiterbestehen, als es eine idente Tätigkeit wie diejenige zum Gegenstand hat, aufgrund derer der Versicherte als invalid gilt. Auch eine geringfügige Beschäftigung mit identem Inhalt wie die aufzugebende verhindert den Anfall. Aus dieser Judikatur ergibt sich, dass für den Anfall der Leistung letztlich die vollständige Aufgabe einer bestimmten Tätigkeit entscheidend ist; das Anknüpfen an das aufrechte Dienstverhältnis hat die Bedeutung, dass bei unverändertem Aufrechtbleiben des Dienstvertrages keine Gewähr besteht, dass die bisherige Tätigkeit nicht weiterhin verrichtet wird bzw sogar verrichtet werden muss. Die Lösung eines Arbeitsverhältnisses wird von der Judikatur nur dann nicht gefordert, wenn sich das Tätigkeitsfeld so ändert, dass keine kalkülsüberschreitenden Tätigkeiten mehr zu verrichten sind.