25.10.2007 Verfahrensrecht

OGH: Die Unterlassung der Einsichtnahme in den Verteilungsentwurf und den gerichtlichen Verteilungsbeschluss durch den Konkursgläubiger stellt eine Verletzung der in § 2 Abs 2 AHG normierten Rettungspflicht dar


Schlagworte: Konkursrecht, Verteilungsbeschluss, Amtshaftung, Rettungspflicht
Gesetze:

§ 130 KO, § 2 AHG

In seinem Urteil vom 14.08.2007 zur GZ 1 Ob 113/07k hat sich der OGH mit der Frage befasst, ob der Umstand, dass eine im Konkursverfahren angemeldete Forderung eines Gläubigers nicht berücksichtigt wurde, weil dieser entgegen der Aufforderung des Konkursgerichtes seine Forderung nicht mittels Prüfungsklage geltend gemacht hat, zu Amtshaftungsansprüchen führt, wenn dem Konkursgläubiger die entsprechende Verständigung nicht zugestellt worden ist, der Konkursgläubiger aber weder in den Verteilungsentwurf noch in den gerichtlichen Verteilungsbeschluss Einsicht genommen hatte:

OGH: Amtshaftung hat nur einzutreten, wenn das von den Gesetzen primär zur Verfügung gestellte Sicherheitsnetz an Rechtsbehelfen nicht ausreicht oder ausreichen könnte, den Schaden noch zu verhindern. Der im AHG normierte Begriff der Rechtsbehelfe ist weit auszulegen und umfasst alle prozessualen Anfechtungsmitteln, sodass nur für nicht sanierbare Akte der Vollziehung Ersatz zu gewährleisten ist. Der Betroffene hat seine Interessen demnach zunächst selbst zu wahren, indem er innerhalb des betreffenden Verfahrens alle Anfechtungsmittel ergreift.

Jede Partei kann zwar grundsätzlich mit einer rechtmäßigen Vorgangsweise des Gerichts rechnen, dennoch stellt die Untätigkeit des durch eine fehlerhafte Gerichtshandlung Geschädigten eine Verletzungspflicht der in § 2 Abs 2 AHG normierten Rettungspflicht dar, wenn die einschlägigen Verfahrensvorschriften Möglichkeiten eröffnen, allfällige Gerichtsfehler zu verhindern oder zu beseitigen.

Um die bei der Verteilung im Konkurs allfälligen auftretenden Fehler zu verhindern, normiert § 130 KO die Möglichkeit der Erinnerung gegen den Verteilungsentwurf bzw die des Rekurses gegen den Verteilungsbeschluss. Unterlässt ein Konkursgläubiger die Einsichtnahme in den Verteilungsentwurf und in den gerichtlichen Verteilungsbeschluss, kann er die Nichtberücksichtigung seiner Forderung nicht durch Erinnerung oder Rekurs geltend machen. Es liegt daher eine Missachtung eigener Interessen vor, die als Verletzung der in iSd § 2 Abs 2 AHG normierten Rettungspflicht zu qualifizieren ist. Dass der Gläubiger mit einer Bestreitung seiner Forderung im Konkursverfahren nicht rechnen musste, hindert den Verstoß gegen die Rettungspflicht nicht.