29.11.2007 Verfahrensrecht

OGH: Zur Möglichkeit der Verbesserung eines Vergleichswiderrufs

Die Form des Widerrufs eines Vergleiches unterliegt der Disposition der Parteien; mangels gegenteiliger Vereinbarung umfasst die Vereinbarung auch die prozessualen Verbesserungsvorschriften


Schlagworte: Vergleich, Widerruf, Anwaltsunterschrift, Verbesserung, Widerspruchsfrist
Gesetze:

§ 84 ZPO, § 85 ZPO, § 204 ZPO

GZ 6 Ob 158/07i, 13.09.2007

Eine Partei reicht bei Gericht innerhalb offener Widerspruchsfrist einen Schriftsatz, mit dem sie bekannt gibt, einen geschlossenen Vergleich zu widerrufen, ein. Der Widerruf trägt keine Unterschrift des für die beklagte einschreitenden Prozessbevollmächtigten. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist wird das Fehlen der Unterschrift bemerkt.

OGH: Im Anwaltsprozess bedarf der Widerrufsschriftsatz einer Anwaltsunterschrift, ansonsten einer Parteienunterschrift. Ihr Fehlen ist jedenfalls innerhalb der Widerrufsfrist gemäß §§ 84, 85 ZPO verbesserbar.

Die konkrete Form des Widerrufs unterliegt der Disposition der Parteien; diese Abrede muss auch nach dem Willen der Parteien im Einzelfall ausgelegt werden. Von der Vereinbarung der Schriftsatzform sind im Zweifel - mangels gegenteiliger Vereinbarung - auch die prozessualen Verbesserungsvorschriften umfasst. Daher kann auch nach Ablauf der Widerrufsfrist die auf dem rechtzeitig eingebrachten Schriftsatz mit dem Vergleichswiderruf fehlende Unterschrift in einem Verbesserungsverfahren gemäß §§ 84 f ZPO nachgetragen werden. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht daher die spätere Unterschrift selbst dann aus, wenn sie erst nach Ablauf der Widerrufsfrist bei Gericht erfolgt. Die Tatsache, dass endgültige Klarheit über die Rechtswirksamkeit des Vergleichs erst nach dem im Vergleich festgelegten letztmöglichen Widerrufstermin erlangt wird, weil der Vergleichswiderruf erst durch die nachfolgende Unterschrift in Geltung tritt, kann an der Rechtzeitigkeit des Vergleichswiderrufs nichts ändern.