24.01.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur internationalen Zuständigkeit nach Art 6 Z 1 EuGVVO

Art 6 Z 1 EuGVVO setzt einen so engen Sachzusammenhang voraus, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, internationale Zuständigkeit, Sachzusammenhang, doppelrelevante Tatsachen
Gesetze:

Art 6 Z 1 EuGVVO

GZ 4 Ob 124/07z, 02.10.2007

Die Erstbeklagte, eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, bedient sich zur Abwicklung ihrer Inlandsverkäufe einer Gesellschaft mit Sitz im Inland. Beide sollen in Österreich geklagt werden.

OGH: Gemäß Art 6 Z 1 EuGVVO kann - wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden - eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, auch vor dem Gericht, in dessen Bezirk einer der (anderen) Beklagten seinen Wohnsitz hat, geklagt werden. Voraussetzung ist, dass die gegen die einzelnen Beklagten geltend gemachten Ansprüche in einem so engen Sachzusammenhang stehen, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten.

Ein ausreichender Zusammenhang wird etwa dann bejaht, wenn die Klagen im Wesentlichen tatsächlich oder rechtlich gleichartig sind, wenn die Entscheidung über den einen Anspruch von jener über die anderen abhängt oder wenn alle Ansprüche die Lösung einer gemeinsamen Vorfrage voraussetzen. Allgemein bejaht wird dieser Zusammenhang bei Gesamtschuldnerschaft und Bürgschaft. Ob diese Abhängigkeit besteht, ist vom angerufenen nationalen Gericht im Einzelfall nach der lex causae zu beurteilen.

Ist die Frage, ob ein entsprechender Sachzusammenhang zwischen mehreren Beklagten besteht, selbst Hauptgegenstand des Verfahrens (sogenannte "doppelrelevante Tatsache"), so reicht es für eine Bejahung der internationalen Zuständigkeit aus, dass das Klagevorbringen insofern schlüssig ist. Ob der geforderte materiellrechtliche Zusammenhang tatsächlich vorliegt, wird dann im Hauptverfahren geklärt, um nicht die Entscheidung in der Zuständigkeitsfrage mit einer zu weit gehenden Sachprüfung zu belasten.