06.02.2008 Verfahrensrecht

OGH: Entscheidung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zulässig, wenn nicht in Rechte Dritter eingegriffen wird

Unter der Voraussetzung, dass eine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht in die Rechte Dritter eingreift, kann im Außerstreitverfahren über ein verspätetes Rechtsmittel meritorisch entschieden werden


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Obsorge, verspätetes Rechtsmittel, Rechte Dritter
Gesetze:

§ 46 AußStrG, § 42 AußStrG, § 43 AußStrG, § 110 AußStrG

GZ 3 Ob 216/07x, 23.10.2007

Die Mutter erhielt die alleinige Obsorge für das Kind. Der Vater brachte erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ein Rechtsmittel ein.

OGH: § 46 Abs 3 AußStrG ist die Nachfolgebestimmung des § 11 Abs 2 AußStrG 1854. Nur dann, wenn eine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ohne Eingriff in Rechte Dritter ("einer anderen Person") möglich ist, ist über den verspäteten Rekurs meritorisch zu entscheiden; ansonst ist er vom Rekursgericht zurückzuweisen; es kommt also darauf an, ob die materiellrechtliche oder die verfahrensrechtliche Stellung einer anderen Person nachteilig berührt wird. Der OGH hat in diesem Zusammenhang mehrfach klargestellt, dass somit die Berücksichtigung eines verspäteten Rekurses nur bei Beschlüssen in Betracht kommt, die weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig sind. Nach den §§ 42, 43 AußStrG werden Beschlüsse des Außerstreitverfahrens grundsätzlich, soweit sie nicht bloß verfahrensleitend sind, formell und materiell rechtskräftig. Das gilt somit auch für Obsorgeentscheidungen (arg § 110 Abs 1 AußStrG). Mehrfach hatte der OGH zum AußStrG 1854 bereits ausgesprochen, dass durch Ablauf der Rechtsmittelfrist Mutter bzw Vater und Kind das Recht auf Weitergeltung der (endgültigen, aber auch der bloß vorläufigen) Obsorge erworben haben. Dasselbe gilt auch für den hier vorliegenden Fall der Abänderung einer früheren Obsorgeregelung und auch für eine sonstige Zuteilung der Obsorge an einen Elternteil allein. An dieser Rechtslage hat das Inkrafttreten des neuen AußStrG nichts geändert. Beschlüsse, die die Obsorge für ein minderjähriges Kind regeln, fallen somit nicht unter § 46 Abs 3 AußStrG.

Der verspätete außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters ist daher im vorliegenden Fall zurückzuweisen.