06.02.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Übernahme von auf einer Liegenschaft haftenden Verpflichtungen bei Ersteigerung

Der Ersteher einer Liegenschaft hat alle Verpflichtungen, die einen unmittelbaren Bezug zur Liegenschaft haben, zu übernehmen


Schlagworte: Exekutionsrecht, Zwangsversteigerung, Liegenschaft, Verpflichtungen, Lasten, Haftung
Gesetze:

§ 150 EO, § 1042 ABGB, § 19 Abs 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes

GZ 1 Ob 157/07f, 22.10.2007

Der beklagten Partei wurde von der Baubehörde Instandsetzungsarbeiten aufgetragen, die sie nicht durchführte, woraufhin sie mit Bescheid zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme verpflichtet wurde. Zur Hereinbringung dieser Kosten wurde die Liegenschaft versteigert. Der Wert der Liegenschaft wurde zunächst mit EUR 327.951,-- (Wert, den das Haus ohne Einbeziehung des Sanierungsaufwands hat) und schlussendlich mit EUR 432.460,-- (Wert des Objektes in saniertem Zustand) festgelegt. Der Ersteher der Liegenschaft, der die Instandsetzungsarbeiten durchführte, beantragt den Ersatz der Instandsetzungsarbeiten

OGH: Die Verpflichtungen des Liegenschaftseigentümers aus der Bauordnung und den auf diese gestützten Verfügungen der Baubehörde haften auf der Liegenschaft und treffen jeden Eigentümer. Sie sind daher von einem Ersteher der Liegenschaft - ohne Anrechnung auf das Meistbot - zu übernehmen. Das trifft nur dann nicht mehr zu, wenn die Verpflichtung keinen unmittelbaren Bezug mehr zur Liegenschaft hat, sondern zu einer Geldschuld umgewandelt wurde. Wer nach diesem Zeitpunkt Eigentümer wird, ist nicht mehr kostenpflichtig. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Arbeiten abgeschlossen wurden. Erst in diesem Zeitpunkt hat die unmittelbar auf die Liegenschaft Bezug habende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Leistung ihr Ende gefunden, weil dann die Leistung zur Gänze durch Ersatzvornahme erbracht wurde.

Der Kläger wurde durch die Erteilung des Zuschlags im Exekutionsverfahren Eigentümer der Liegenschaft. Da die Instandsetzungsarbeiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen waren, waren sie als Eigentümer gemäß § 19 Abs 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes ab diesem Zeitpunkt zur Beseitigung der Baugebrechen verpflichtet. Der Ersteher eines Hauses, der dessen Baugebrechen behebt, erfüllt nämlich eine nach der Bauordnung ihn selbst treffende Verpflichtung. Durch die im Rahmen der vorgenommenen Sanierung erfolgte Behebung der Baugebrechen erfüllte die Kläger somit eine primär ihn als nunmehrigen Eigentümer treffende Pflicht.

Derjenige, der die Liegenschaft nach Ablauf der in der Androhung einer Ersatzvornahme gesetzten Frist erwirbt, - haftet zur ungeteilten Hand mit dem früheren Eigentümer - sogar für die Kosten der (bereits eingeleiteten) Vollstreckung, somit auch für den auferlegten Vorschuss; nur derjenige, der erst nach Beendigung der Ersatzarbeiten Eigentümer der Liegenschaft wird, kann nicht mehr als persönlicher Schuldner für die Ersatzvornahme herangezogen werden. Da die Kläger somit keine fremde Schuld erfüllt haben, kommt ein Ersatzanspruch gemäß § 1042 ABGB nicht in Frage.