06.02.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zulässigkeit einer Oppositionsklage bei Tatsachen, die vor Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind

Eine Oppositionsklage kann auf Tatsachen, die vor Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind, nur gestützt werden, wenn sie zu diesem Zeitpunkt nach den bestehenden Gesetzen nicht mehr geltend gemacht werden konnten, nicht aber schon dann, wenn sie dem Oppositionskläger, wenn auch ohne sein Verschulden, erst später bekannt wurden


Schlagworte: Exekutionsrecht, Oppositionsklage, anspruchsaufhebende Tatsachen, anspruchshemmende Tatsachen, Wiederaufnahmsklage
Gesetze:

§ 35 EO, § 530 ZPO, § 871 ABGB

GZ 3 Ob 154/07d, 23.10.2007

Der Kläger beantragte mit Oppositionsklage die Feststellung des Ruhens seiner Unterhaltsverpflichtung mit der Begründung, die Frau lebe "seit längerer Zeit" in einer Lebensgemeinschaft. Der Oppositionskläger ergänzte sein Vorbringen dahin, dass sich die Lebensgemeinschaft der Frau erst durch eine nach der Klageerhebung erfolgte Observierung "erhärtet" hätte.

OGH: Eine Oppositionsklage ist nur unter der Voraussetzung, dass die den betriebenen Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen nach Entstehung des Exekutionstitels entstanden sind, zulässig. Anders als bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit von Einwendungen iSd in § 35 Abs 3 EO angeordneten Eventualmaxime kommt es für die Bejahung eines Oppositionsgrundes nicht auf die Kenntnis des Verpflichteten an. § 35 Abs 1 EO ist im objektiven Sinn zu verstehen. Eine Oppositionsklage kann auf Tatsachen, die vor Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind, nur gestützt werden, wenn sie zu diesem Zeitpunkt nach den bestehenden Gesetzen nicht mehr geltend gemacht werden konnten, nicht aber schon dann, wenn sie dem Oppositionskläger, wenn auch ohne sein Verschulden, erst später bekannt wurden. Für letzteren Fall besteht die Möglichkeit einer Wiederaufnahmsklage, für den Fall, dass der Unterhaltstitel aber ein Vergleich ist, kann der Unterhaltsverpflichtete diesen wegen Irrtums anfechten, der vom Unterhaltsberechtigten wegen Verschweigens eines unterhaltshemmenden Umstands veranlasst wurde (§ 871 ABGB). Die subjektive Unkenntnis eines rechtsaufhebenden Umstands, die den Verpflichteten hinderte, diesen Umstand schon im Titelverfahren geltend zu machen (nova reperta), ist im Oppositionsprozess grundsätzlich nicht relevant. Demgemäß wäre hier die Oppositionsklage schon deshalb unberechtigt, weil die Lebensgemeinschaft der Frau schon vor dem Abschluss des Unterhaltsvergleichs bestand, ohne dass es auf die Kenntnis des Klägers darüber ankäme.