03.04.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zum rechtlichen Interesse an der alsbaldigen Feststellung iSd § 228 ZPO bei negativen Feststellungsklagen

Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung iSd § 228 ZPO ist für negative Feststellungsklagen dann anzunehmen, wenn der Beklagte sich fälschlicherweise des Rechts berühmt und dadurch die Rechtsstellung des Klägers gefährdet


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Unterlassungsklage, Feststellungsklage, rechtliches Interesse, Wiederholungsgefahr, Behauptungs- und Beweislast
Gesetze:

§ 228 ZPO

GZ 10 Ob 85/07h, 18.12.2007

Der Kläger begehrt (1) die Feststellung, dass der Beklagte es zu unterlassen habe, sein Kellerfenster bzw den dortigen Schacht mit Schnee und Eis zu befüllen und (2) die Feststellung, dass dem Beklagten kein solches Recht zukomme. Der Beklagte wendet ein, dass keine Wiederholungsgefahr vorliege, da er ausdrücklich die Rechte des Klägers anerkannt bzw nicht bestritten hätte.

OGH: Bei der Prüfung, ob die für die Zulässigkeit eines Unterlassungsbegehrens erforderliche Wiederholungsgefahr vorliegt, darf nicht engherzig vorgegangen werden. Es genügt die ernste Besorgnis weiterer Eingriffe in die vom Kläger behaupteten Rechte. Bestreitet die beklagte Partei die Wiederholungsgefahr, so hat sie besondere Gründe darzutun, die eine solche Wiederholung in Zukunft als völlig ausgeschlossen oder zumindest doch als äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen; die Behauptungs- und Beweislast für den Wegfall der Wiederholungsgefahr liegt bei der beklagten Partei. Maßgebend ist, ob dem Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit, auch während des Rechtsstreites, gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen, etwa indem er den Rechtsstandpunkt des Gegners vorbehaltlos anerkennt oder einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet. Die bloße Behauptung, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen, reicht jedenfalls nicht aus, um sie zu beseitigen.

Gegen den störenden Nichteigentümer ist eine Leistungsklage (Unterlassungsklage) möglich. Eine negative Feststellungsklage ist nur unter den Voraussetzungen des § 228 ZPO möglich, also bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses. Die im Verfahren über die Leistungsklage zu beurteilende Vorfrage des Bestehens einer Berechtigung zum Eingriff in das fremde Recht kann aber nur in Ausnahmefällen und bei Vorliegen besonderer Umstände ein Feststellungsinteresse begründen, etwa dann, wenn mit der Feststellung eine zwischen den Prozessparteien strittige Rechtslage über den Anlassfall hinaus abschließend geklärt werden müsste. Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung im Sinn des § 228 ZPO ist für eine negative Feststellungsklage dann anzunehmen, wenn der Beklagte das Recht ernsthaft behauptet, dh sich fälschlicherweise des Rechts berühmt und dadurch die Rechtsstellung des Klägers gefährdet; der bloße faktische Eingriff in ein fremdes Recht ohne Behauptung, ein Recht dazu zu haben, stellt noch keine "Berühmung" dar.