17.04.2008 Verfahrensrecht

OGH: Verpflichtung des de facto Geschäftsführers zur Konkursantragstellung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Haftung für Konkursverschleppung auch des faktischen Geschäftsführers, der sich Geschäftsführungsbefugnisse anmaßt, bejaht werden


Schlagworte: Konkursrecht, Pflicht zur Konkursantragsstellung, GmbH, faktischer Geschäftsführer
Gesetze:

§ 69 KO

GZ 8 Ob 124/07d, 17.12.2007

Der Beklagte übt nur faktisch die Geschäftsführung der nunmehr im Konkurs befindlichen Handelsgesellschaft aus, während seine Tochter als Geschäftsführerin lediglich untergeordnete Tätigkeiten ausführt. Nach Auffassung des Gläubigers treffe den Beklagten daher die Haftung wegen Konkursverschleppung nach § 69 KO.

OGH: Nach § 69 Abs 2 KO ist bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Konkurseröffnung diese ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Nach Abs 3 leg cit trifft die Verpflichtung bei juristischen Personen deren organschaftliche Vertreter, im Fall der GmbH also deren handelsrechtliche Geschäftsführer. Nicht zur Konkursantragstellung berechtigt und verpflichtet sind Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte und Aufsichtsratsmitglieder. Ebenso sind die Gesellschafter einer GmbH als solche weder berechtigt noch verpflichtet, den Konkursantrag namens der GmbH zu stellen.

Eine Verpflichtung des de facto Geschäftsführers zur Konkursantragstellung ist aus der Teleologie des § 69 Abs 3 KO zu bejahen. Faktische Geschäftsführer sind Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten, ohne wirksam zum Geschäftsführer bestellt zu sein. Vor allem in jenen Fällen, in denen der faktische Geschäftsführer den formell bestellten Geschäftsführer entscheidungsunfähig gemacht hat, ist er schon unter dem Gesichtspunkt der Ingerenz auch bei der Insolvenzantragstellung zur aktiven Einwirkung verpflichtet.