01.05.2008 Verfahrensrecht

OGH: "Mutwillige" Konkursantragstellung - § 408 ZPO im Konkursverfahren bzw im Konkurseröffnungsverfahren anwendbar ?

§ 408 ZPO ist im Konkursverfahren nicht anwendbar; grundsätzlich sind nur jene Bestimmungen der JN und ZPO zur Anwendung im Konkursverfahren geeignet, die mit den Eigentümlichkeiten des Konkursverfahrens vereinbar sind


Schlagworte: Konkursrecht, mutwillige Konkursantragstellung
Gesetze:

§ 171 KO, § 408 ZPO

GZ 8 Ob 122/07k, 16.01.2008

Die Antragsgegnerin stellte den Antrag, der Antragstellerin gem § 408 ZPO einen Entschädigungsbetrag in Höhe von 25.000 EUR aufzuerlegen. Durch - offensichtlich rechtswidrige und grob mutwillige - Einbringung eines Antrags auf Konkurseröffnung und die in weiterer Folge vom Bund zu vertretende Verfahrensfortsetzung sei der Kredit, der Erwerb und das Fortkommen der Antragsgegnerin schwerstens geschädigt worden.

OGH: Gem § 171 KO sind, soweit in der Konkursordnung nichts anderes angeordnet ist, auf das Verfahren die JN, die ZPO und ihre Einführungsgesetze sinngemäß anzuwenden. Ein ausdrücklicher Ausschluss der Anwendbarkeit des § 408 ZPO ist in der KO nicht geregelt. Aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Konkursverfahrens eignen sich bestimmte Rechtsinstitute der JN und ZPO jedoch schon a priori nicht für eine sinngemäße Anwendung im Konkursverfahren. So passen etwa die Bestimmungen zur Haupt- und Nebenintervention bzw Streitgenossenschaft nicht im Konkursverfahren, weil hier eine Vielzahl von Beteiligten auftritt. Auch die strengeren Bestimmungen des Beweisverfahrens sind weitgehend durch eine bloße Bescheinigung gelockert. Grundsätzlich sind daher nur jene Bestimmungen der JN und ZPO zur Anwendung im Konkursverfahren geeignet, die mit den Eigentümlichkeiten des Konkursverfahrens vereinbar sind. So wurde etwa die Anwendbarkeit des § 234 ZPO im Konkursverfahren ebenso verneint wie die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Nichtigkeitsklage. Nur dort, wo die Besonderheiten des Konkursverfahrens einer Anwendung von Bestimmungen der ZPO nicht entgegenstehen, kommt somit die in § 171 KO vorgesehene sinngemäße Anwendung der ZPO in Betracht.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist das Rekursgericht zutreffend von der Unanwendbarkeit des § 408 ZPO im Konkursverfahren ausgegangen:Gem § 408 ZPO kann das Gericht die unterliegende Partei auf Antrag der obsiegenden Partei zur Leistung eines entsprechenden Entschädigungsbetrags verurteilen, wenn die unterliegende Partei offenbar mutwillig Prozess geführt hat. Gem § 408 Abs 2 ZPO darf die Verhandlung über diesen Antrag die Entscheidung in der Hauptsache nicht aufhalten. Der Entschädigungsbetrag ist gem § 408 Abs 3 ZPO vom Gericht nach freier Überzeugung zu bestimmen. Die Anwendbarkeit des § 408 ZPO im Konkursverfahren scheitert schon daran, dass im Konkursverfahren im Unterschied zur ZPO kein formeller, sondern ein materieller Parteibegriff herrscht. Es stehen sich nicht, wie im Zivilprozess, zwei Parteien in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüber, von denen eine iSd § 408 Abs 1 ZPO "obsiegt" und die andere "unterliegt". Das zeigt sich gerade im Konkurseröffnungsverfahren deutlich an der Bestimmung des § 70 Abs 4 KO, wonach bei der Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag nicht zu berücksichtigen ist, dass der Gläubiger den Konkursantrag zurückgezogen hat oder dass die Forderung des Gläubigers nach dem Konkursantrag befriedigt worden ist. Ein Konkurs-(eröffnungs-)verfahren ist daher, auch wenn der Konkurseröffnungsantrag von einem Gläubiger stammt, nicht als kontradiktorisches Verfahren iSd ZPO anzusehen, bei welchem etwa der Gläubiger, wenn aufgrund seines Eröffnungsantrags Konkurs eröffnet wird, als "obsiegend" anzusehen ist. Umgekehrt "unterliegt" auch der Schuldner nicht, wenn über sein Vermögen Konkurs eröffnet wird, was sich am Deutlichsten daran zeigt, dass auch ein Eigenantrag des Schuldners zur Konkurseröffnung führen kann. Schon aus diesem Grund hat das Rekursgericht den Antrag der Antragsgegnerin, der Antragstellerin gem § 408 ZPO einen Entschädigungsbetrag (für die "mutwillige" Konkursantragstellung) zuzusprechen, zutreffend als unzulässig betrachtet.