08.05.2008 Verfahrensrecht

OGH: Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens bei Konkurseröffnung über Vermögen des Erbanwärters

Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des einzigen Erbanwärters, der eine Erbantrittserklärung abgegeben hat, wird das Verlassenschaftsverfahren unterbrochen; daher kann das Verfahren nur mehr unter Beiziehung des Masseverwalters fortgesetzt werden


Schlagworte: Außerstreitrecht, Verlassenschaftsverfahren, Konkurs, Erbanwärter, Unterbrechung, Fortsetzung
Gesetze:

§ 143 AußStrG, § 4 KO

GZ 5 Ob 249/07i, 08.01.2008

Über das Vermögen des Witwers wird, nachdem er im Verlassenschaftsverfahren eine unbedingte Erbantrittserklärung abgeben hat, der Konkurs eröffnet. Der vom Witwer im Verlassenschaftsverfahren erhobene Rekurs wird zurückgewiesen, da er infolge der Konkurseröffnung hinsichtlich der angefallenen Erbschaft nicht mehr vertretungsbefugt und mangels Parteistellung daher auch nicht mehr rechtsmittellegitimiert sei.

OGH: Ist dem Gemeinschuldner noch vor der Konkurseröffnung eine Erbschaft angefallen und hat er diese angetreten, bildet sie bei Konkurseröffnung bereits einen Bestandteil seines Vermögens und fällt daher in die Konkursmasse. In Bezug auf dieses Vermögen kann der Gemeinschuldner keine den Konkursgläubigern gegenüber wirksamen Rechtshandlungen mehr setzen. Es ist daher in einem solchen Fall zB die Einantwortungsurkunde dem Masseverwalter zuzustellen, ohne Rücksicht darauf, ob der Erbe vor Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen die Erbsantrittserklärung abgegeben hat oder ob in Ermangelung einer solchen bis zur Konkurseröffnung der Masseverwalter für ihn die Erbschaft angetreten hat. § 4 Abs 1 KO ist dahin zu verstehen, dass dann, wenn ein Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung eine ihm angefallene Erbschaft allein oder in Gemeinschaft mit Miterben angetreten hat, dem Masseverwalter auch das Recht zusteht, nach der Konkurseröffnung anstelle des Gemeinschuldners dessen Rechte aus dem Erbanfall zu vertreten, und zwar unter Ausschluss des Gemeinschuldners. Der Masseverwalter ist auf Grund der bereits vom Gemeinschuldner abgegebenen Erklärung legitimiert, auch die noch nicht eingeantwortete Verlassenschaft allein oder in Gemeinschaft mit den erbserklärten Miterben zu vertreten.

Da hier eine Forderung der Konkursmasse gegenüber der Verlassenschaft, also aus Sicht der Konkursmasse eine Aktivforderung vorliegt und somit eine Anmeldung und Prüfung im Konkurs nicht in Frage kommt, kann das Verfahren jederzeit - allerdings unter Beiziehung des Masseverwalters - fortgesetzt werden. Dies auch ohne Parteienantrag, weil es sich beim Verlassenschaftsverfahren gemäß § 143 AußStrG um ein von Amts wegen einzuleitendes handelt, das - abgesehen vom Fortsetzungsantrag einer Partei - nach § 26 Abs 3 AußStrG auch dann mit Beschluss fortzusetzen ist, wenn ansonsten Belange einer Partei oder der Allgemeinheit gefährdet werden könnten, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist. Im Übrigen sind während der Unterbrechung Verfahrenshandlungen des Gerichtes - von dringenden Verfahrenshandlungen abgesehen - grundsätzlich unzulässig und dürfen keine Erhebungen, insbesondere keine Einvernahmen durchgeführt und in der Regel auch keine Zustellungen vorgenommen werden. Trotz eingetretener Unterbrechungswirkung unzulässigerweise ergangene Entscheidungen sind nach herrschender Ansicht zur ZPO nicht wirkungslos, sondern anfechtbar, wobei in der Regel Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 und 5 ZPO anzunehmen sein wird. Rechtsmittel, die nach Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens und während deren Wirkung eingebracht werden, sind zurückzuweisen, wenn sie nicht der Sicherung der Unterbrechungswirkung oder der Klärung der Frage dienen, ob eine Unterbrechung überhaupt eingetreten ist.