22.05.2008 Verfahrensrecht

OGH: Sicherstellung eines Beweismittels für beabsichtigte Prozessführung kann nicht im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens erwirkt werden

Die Sicherstellung eines Beweismittels für eine beabsichtigte Prozessführung kann keinesfalls im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens, sondern, wenn überhaupt, in einem nach den Grundsätzen der §§ 378 ff EO durchzuführenden Provisorialverfahren erwirkt werden


Schlagworte: Provisorialverfahren, Beweissicherung, künftiges Verfahren
Gesetze:

§§ 378 ff EO, § 384 EO, § 391 Abs 2 EO, § 399 EO

GZ 2 Ob 247/07y, 24.01.2008

Der Antragsteller begehrt die Beweissicherung durch Überprüfung der im Labor einer Klinik aufbewahrten Blutprobe des Antragsgegners auf dessen allfällige Alkoholisierung, in eventu die gerichtliche Anordnung, dem Antragsgegner dessen Blutprobe bis zur abschließenden Klärung der zivilrechtlichen Ansprüche des Antragstellers nicht auszufolgen. Das Erstgericht bewilligt das Eventualbegehren des Antragstellers. Der Beschluss erwuchs in Rechtskraft. Der Antragsgegner begehrt nun "die Beweissicherung aufzuheben".

OGH: Die Deutung eines Rechtsschutzantrags richtet sich nicht nach dessen Bezeichnung durch die antragstellende Partei, sondern stets nach seinem Inhalt und dem gestellten Begehren. Während im vorliegenden Fall das Hauptbegehren des verfahrenseinleitenden Antrags im Einklang mit § 384 ZPO auf die Durchführung einer vorsorglichen Beweisaufnahme und damit auf die Sicherung eines Beweisergebnisses gerichtet war, hatte das Eventualbegehren die Sicherstellung eines Beweismittels für die beabsichtigte Prozessführung zum Ziel. Diese kann jedoch, wie sich aus dem Wortlaut des § 384 Abs 1 ZPO ergibt, keinesfalls im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens, sondern, wenn überhaupt, in einem nach den Grundsätzen der §§ 378 ff EO durchzuführenden Provisorialverfahren erwirkt werden.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund durfte das von den Antragstellern unter Betonung ihres rechtlichen Interesses an der Sicherung der Blutprobe des Antragsgegners gestellte Eventualbegehren auf Anordnung eines gerichtlichen Drittverbots (§ 382 Z 7 EO) nur dahin verstanden werden, dass es auf die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gerichtet war. Indem das Erstgericht den Antrag bewilligte, erließ es die beantragte einstweilige Verfügung.Der auf die "Aufhebung der Beweissicherung" gerichtete Antrag des Antragsgegners ist demnach als Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§§ 391 Abs 2, 399 EO) zu verstehen.