26.06.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage des Beginns der Anfechtungsfrist einer Schenkungsanfechtung bei zeitlichem Auseinanderfallen von Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft

Die Frist nach § 3 AnfO bestimmt sich grundsätzlich nach dem Verfügungsgeschäft, das - selbständig anfechtbare - Verpflichtungsgeschäft muss hingegen nicht innerhalb der Zweijahresfrist liegen


Schlagworte: Anfechtungsrecht, Schenkung, Frist, Verpflichtungsgeschäft, Verfügungsgeschäft
Gesetze:

§ 2 AnfO, § 3 AnfO

GZ 2 Ob 53/07v, 14.02.2008

Der Kläger schloss im September 2000 mit einer GmbH einen Kontokorrentkreditvertrag. Der Beklagte, Geschäftsführer dieser Gesellschaft, schenkte seiner Tochter seinen Anteil an einer Liegenschaft. Die Schenkung wurde im September 2003 in das Grundbuch einverleibt. Die Klägerin ficht sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft an. Der Beklagte beantragt die Klagsabweisung; sämtliche Anfechtungstatbestände mit Ausnahme der Absichtsanfechtung nach § 2 Z 1 AnfO seien verjährt.

OGH: Fallen das Veräußerungsgeschäft und der darauf gegründete Eigentumserwerb (die bücherliche Einverleibung) zeitlich (weit) auseinander, so ist der für die Schädlichkeit der Benachteiligungsabsicht des Schuldners maßgebliche Zeitpunkt der dessen Tätigkeit, also beim Verkauf einer Liegenschaft grundsätzlich der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sofern der Veräußerer die Aufsandungserklärung bereits im Vertrag selbst abgegeben hat, und nicht jener, in dem der Käufer die Einverleibung seines Eigentums beim Grundbuchsgericht beantragte oder gar erst erwirkte. Dem Erwerber steht daraufhin nämlich das Recht zu, die entsprechenden Grundbuchseintragungen im eigenen Namen zu erwirken (§ 77 GBG), wobei er dabei weder Vertreter noch Geschäftsführer ohne Auftrag des Schuldners ist. Nur ohne oder gegen den Willen des Schuldners vorgenommene Rechtshandlungen sind von dieser Anfechtung ausgeschlossen. Eine Eintragung im Grundbuch ist danach als Rechtshandlung des Schuldners anfechtbar, wenn sie auf seinen Antrag oder aufgrund einer von ihm ausgestellten Urkunde vollzogen wurde.

Die Anfechtung des Verfügungsgeschäfts gemäß § 3 Z 1 AnfO kommt ohne weitere subjektive Voraussetzungen in Betracht, daher bedarf es keiner Prüfung mehr, ob hinsichtlich des Verfügungsgeschäfts die Voraussetzungen für eine Anfechtung gemäß § 2 Z 3 AnfO vorliegen. Die kritische Frist bestimmt sich jedenfalls nach dem Verfügungsgeschäft, wenn es zeitlich nachfolgt. Nicht zu folgen ist diesbezüglich den vereinzelt gebliebenen Ausführungen der Entscheidung 3 Ob 44/00t, wonach es nach § 3 Z 1 AnfO darauf ankomme, ob das - selbständig anfechtbare - Verpflichtungsgeschäft innerhalb der Zweijahresfrist liege. Die auf die Formulierung in § 3 Z 1 AnfO "unentgeltliche Verfügung" und die ratio dieser Bestimmung Bedacht nehmenden Überlegungen zeigen, dass in erster Linie die unmittelbare Einwirkung auf ein bestehendes Recht anfechtbar gemacht werden soll.