30.12.2005 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles bewirkt noch keine Leistungsfreiheit des Versicherers nach A.3 EHVB 1986


Schlagworte: Versicherungsrecht, Leistungsfreiheit, Versicherungsfall, Gefahrenlage
Gesetze:

§§ 333, 334 ASVG, § 23 VersVG, §§ 65, 66 Bauarbeiterschutzverordnung, A.3 EHVB 1986

In seinem Erkenntnis vom 09.11.2005 zur GZ 7 Ob 136/05h hatte sich der OGH mit der Frage des Haftungsausschlusses des Haftpflichtversicherers wegen bewusstem Zuwiderhandeln gegen Vorschriften auseinanderzusetzen:

Ein Dienstnehmer des Klägers wurde bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt und der Kläger wegen fahrlässiger Körperverletzung im anschließenden Strafverfahren verurteilt. Aufgrund dieses Strafurteils ging die beklagte Partei davon aus, dass ein grobes Verschulden des Klägers auszuschließen sei und beauftragte einen Rechtanwalt mit der Vertretung des Klägers, der von der AUVA auf Ersatz ihrer Leistungen geklagt wurde. In diesem Prozess wurde aufgrund des gesetz- und verordnungswidrigen Verhaltens des Klägers eine grob fahrlässige Verursachung des Unfalls festgestellt, woraufhin sich die Beklagte als leistungsfrei erachtete.

Der OGH führte dazu aus: Um eine Leistungsfreiheit der Versicherung zu bewirken, müssen zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Zum einen die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles und zum anderen der bewusste, d.h. vorsätzliche Verstoß gegen Gesetze, Verordnungen oder behördliche Vorschriften. Letzteres bedeutet, dass der Versicherungsnehmer sich bewusst sein muss, dass er sich rechtwidrig verhält. Ein bloßes Kennenmüssen der einschlägigen Vorschriften reicht nicht aus, um die Voraussetzungen für die Leistungsfreiheit zu erfüllen, denn wenn der Versicherungsnehmer die geltenden Rechtsvorschriften nicht kennt, kann er sich auch nicht bewusst rechtswidrig verhalten. Eine Gefahrenerhöhung liegt nur dann vor, wenn nachträglich eine erhebliche Änderung eintritt, die auf Dauer eine neue Gefahrenlage schafft.