12.07.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob durch neues Sachverständigengutachten eine Wiederaufnahmsklage zulässig ist

Dass eine Wiederaufnahmsklage auch dann unzulässig ist, wenn die Partei schon im Vorverfahren Anlass gehabt hätte, ein Sachverständigengutachten einzuholen, dies jedoch unterlassen hat, ist auf jene Fälle zu beschränken, in denen die Partei ausreichende Gründe zur Annahme haben musste, ein Sachverständigengutachten wäre geeignet, zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu bringen


Schlagworte: Wiederaufnahmsklage, Sachverständigengutachten, Urkunden
Gesetze:

§ 538 ZPO

GZ 1 Ob 59/08w, 03.04.2008

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens, da ihm ein bestimmtes Sachverständigengutachten bekannt geworden ist. Dieses Gutachten sei zum Zeitpunkt der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren noch nicht zur Verfügung gestanden. Seine Berücksichtigung hätte zu einer Veränderung der Tatsachengrundlage geführt. Das OLG wies die Wiederaufnahmsklage in nichtöffentlicher Sitzung zurück, den nunmehr als neues Beweismittel geltend gemachten Sachverständigenbeweis hätte der Kläger bereits im Vorprozess antreten können.

OGH: Eine Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 Abs 1 ZPO ist nur dann in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wenn sie nicht auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt (oder nicht in der gesetzlichen Frist erhoben) wurde. Beruft sich ein Wiederaufnahmskläger auf das Auffinden neuer Beweismittel, kommt eine Zurückweisung nur in Betracht, wenn das Beweismittel absolut ungeeignet ist, eine maßgebliche Änderung der Tatsachengrundlage herbeizuführen. Eine über eine solche "eingeschränkte Beweiswürdigung" hinausgehende Beurteilung des Beweiswerts der neuen Beweismittel hat hingegen im Vorprüfungsverfahren nicht stattzufinden.

Es trifft zwar zu, dass auch für den Sachverständigenbeweis judiziert wird, dass eine Wiederaufnahmsklage auch dann unzulässig ist, wenn die Partei schon im Vorverfahren Anlass gehabt hätte, ein Sachverständigengutachten einzuholen, dies jedoch unterlassen hat, doch ist dies auf jene Fälle zu beschränken, in denen die Partei ausreichende Gründe zur Annahme haben musste, ein Sachverständigengutachten wäre geeignet, zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu bringen. Dies ist regelmäßig dann nicht der Fall, wenn es überwiegend um die Beurteilung von Urkunden geht, die der Partei im Vorverfahren aber noch nicht zur Verfügung gestanden sind.