17.07.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zum Begriff "aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeiten" iSd § 49 Abs 2 Z 2b JN

Unter den Begriff "aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeiten" iSd § 49 Abs 2 Z 2b JN sind solche zu subsumieren, die ohne das Eheverhältnis nicht denkbar sind


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Zuständigkeit, sachliche Zuständigkeit, Eigenzuständigkeit, Ehesachen, Eheverhältnis
Gesetze:

§ 49 JN

GZ 1 Ob 46/08h, 03.04.2008

Die Klägerin begehrte mit ihrer im Mahnverfahren eingebrachten Klage die Zahlung von 20.000 EUR samt Zinsen und brachte dazu schlagwortartig vor: "Ausgleichszahlung/Forderung aus der Scheidungsvereinbarung". Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, dass der Streitwert 10.000 EUR übersteige. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

OGH: Die "aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeiten" gem § 49 Abs 2 Z 2b JN sind solche, die ohne das Eheverhältnis nicht denkbar sind. Kann der geltend gemachte Anspruch auch in einem Rechtsverhältnis zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, so liegt eine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis nicht vor. Für den anspruchsbegründenden Sachverhalt muss somit das Eheverhältnis zumindest mitbestimmend sein. Mit dem Klagevorbringen, die Streitteile hätten in ihrem Scheidungsverfahren eine Ausgleichszahlung von 20.000 EUR vereinbart, die der Beklagte trotz Fälligkeit nicht geleistet habe, wird eindeutig eine Forderung geltend gemacht, die ohne die (vorangegangene) Ehe nicht denkbar wäre. Dabei ist davon auszugehen, dass nach den Klagebehauptungen eine vergleichsweise Einigung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG getroffen wurde. Ob sich in diesem Verfahren letztlich spezifisch eherechtliche Fragen stellen werden, kann allein aus den Klageangaben zwar noch nicht abgeleitet, aber auch keineswegs ausgeschlossen werden. Denkbar wäre etwa die Einwendung, die Scheidungsvereinbarung sei nicht wirksam geworden, weil es letztlich gar nicht zu einer einvernehmlichen Scheidung gekommen sei. Auch die zivilrechtliche Gültigkeit der Vereinbarung oder die Frage der Fälligkeit der Ausgleichszahlung könnten unter dem Gesichtspunkt der einschlägigen eherechtlichen Vorschriften zum Streitthema gemacht werden.

Da die spezielle Zuständigkeitsvorschrift des § 49 Abs 2 Z 2b JN gewährleisten soll, dass Rechtsstreitigkeiten zwischen (auch geschiedenen) Ehegatten in die Sonderzuständigkeit der Familiengerichte fallen sollen, sofern für die Entscheidung eherechtliche Spezialkenntnisse erforderlich sein könnten, fällt auch eine Streitsache wie die vorliegende in die bezirksgerichtliche Eigenzuständigkeit.