31.07.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zulässigkeit des Rechtsweges bei beurkundeter Vereinbarung eines freiwillig eingeräumten Wasserbezuges

Auch wenn ein freiwillig eingeräumter Wasserbezug beurkundet wurde, ist der ordentliche Rechtsweg zulässig


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, ordentlicher Rechtsweg, Wasserrecht, Wasserrechtsbehörde, freiwillige Einräumung, Wasserbezugsrecht
Gesetze:

§ 1 JN, § 113 WRG, § 117 WRG

GZ 1 Ob 229/07v, 06.05.2008

Die Streitteile haben die - freiwillige - Einräumung von Wasserbezug aus einer privaten Quelle vereinbart. Dieses Übereinkommen wurde im Bescheid der Wasserrechtsbehörde beurkundet. Da es zu tageweisen Unterbrechungen der Wasserversorgung kam, begehrt der Kläger - mit dem Vorbringen, der Beklagte habe die Wasserversorgungsanlage durch Anbringung von Schlössern manipuliert - ua die Feststellung seines Wasserbezugsrechts und Wasserleitungsrechts. Der Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs.

OGH: Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, über die die Wasserrechtsbehörde nur deshalb nicht entschied, weil die Parteien sie im Übereinkommen regelten, und die durch Beurkundung zum Inhalt des Bescheids gemacht wurden, gehören nicht in die Kompetenz der Gerichte. Soweit in Übereinkommen zivilrechtliche Rechtsverhältnisse berührt werden, dh solche Fragen, die im Fall der Nichteinigung von der Wasserrechtsbehörde - mangels Entscheidungskompetenz - gemäß § 113 WRG auf den Zivilrechtsweg zu verweisen wären, weil sie Rechtsbeziehungen "der Bürger untereinander" betreffen, ist im Streitfall nach § 1 JN die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben, weil dieser Fragenkreis von § 111 Abs 3 zweiter Satz WRG nicht erfasst wird. Soweit in Übereinkommen zivilrechtliche Rechte (Eigentum, Dienstbarkeiten etc) "freiwillig" eingeräumt werden, die sonst grundsätzlich von der Behörde auch zwangsweise eingeräumt werden oder die als kraft Gesetzes eingeräumt gelten könnten (§§ 72, 111 Abs 4 WRG), entscheidet über Umfang und Inhalt der eingeräumten Rechte - nicht der allenfalls in diesem Zusammenhang vereinbarten Entschädigungen etc - die Wasserrechtsbehörde und im Rahmen der "sukzessiven Zuständigkeit" nach § 117 Abs 4 und Abs 6 WRG das Gericht.

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) maßgebend. Maßgeblich ist die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs, ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte einwendet. Dies gilt auch dann, wenn dem erhobenen Anspruch eine Einwendung, die sich auf einen öffentlich-rechtlichen Titel stützt, entgegen gehalten wird. Soweit nicht das Wasserrechtsgesetz anderes verfügt, sind für seine wasserrechtlichen Bestimmungen die Wasserrechtsbehörden und für seine anderen Bestimmungen die Gerichte bzw die nach den einschlägigen Bestimmungen berufenen Behörden zuständig. Für die gerichtliche Zuständigkeit kommt es darauf an, dass der Kläger seinen Anspruch auf einen Privatrechtstitel stützt. Als Privatrechtstitel kommt insbesondere das Recht des Wasserbezugs in Betracht; darüber, ob und in welchem Umfang ein solches Recht besteht, zu entscheiden, ist allein Sache der Gerichte. Die Kompetenz der Verwaltungsbehörden ist nur dann zu bejahen, wenn es sich um nach dem Wasserrechtsgesetz entstandene und zu beurteilende Wasserrechte handelt. Die Wasserrechtsbehörde wäre etwa zuständig, wenn es um Wasserbezugsrechte ginge, die im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens nach den Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes entstanden oder durch Vergleich vor der Wasserrechtsbehörde begründet worden waren, nicht aber dann, wenn es um das Bestehen eines vertraglich eingeräumten Rechts und die sich daraus ergebenden Konsequenzen geht.