31.07.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Aufrechnung eines Abfindungsanspruch eines Genossenschafters mit einer Forderung der Genossenschaft im Konkurs

Der Abfindungsanspruch des aus einer Genossenschaft ausscheidenden Mitgliedes entsteht erst im Zeitpunkt seines Ausscheidens; eine Aufrechnung zwischen diesem Abfindungsanspruch und mit einer Forderung der Genossenschaft ist daher gem § 20 Abs 1 KO unzulässig


Schlagworte: Konkursrecht, Aufrechnung, Genossenschaft, Abfindungsanspruch
Gesetze:

§ 19 KO, § 20 KO

GZ 8 Ob 117/07z, 28.04.2008

Der Gemeinschuldner war im Zeitpunkt der Konkurseröffnung Mitglied einer Genossenschaft. Der Masseverwalter kündigte diese Mitgliedschaft auf. Das Beteiligungskonto des Gemeinschuldners weist für die Geschäftsjahre 2003 bis 2005 nicht behobene Gewinnanteile aus. Auf das Kündigungsschreiben des Masseverwalters antwortete die Genossenschaft, dass das Geschäftsguthaben des Gemeinschuldners erst mit 1. 1. 2008 zur Auszahlung fällig sei und sie von ihrem Recht der Aufrechnung Gebrauch machen werde. Eine Auszahlung des Geschäftsguthabens sei daher nicht möglich.

OGH: Nach §§ 19, 20 KO lässt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens grundsätzlich die bereits vorher bestandene Möglichkeit der Aufrechnung unberührt. Die Forderungen müssen sich also bei Konkurseröffnung bereits aufrechenbar gegenüber gestanden sein. Entsteht eine der Forderungen erst durch die oder nach der Konkurseröffnung, fehlt es an dieser Voraussetzung der Aufrechenbarkeit. Entscheidend ist im vorliegenden Fall somit, wann der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben des Genossenschafters entsteht. Geht man davon aus, dass der Anspruch schon während der aufrechten Mitgliedschaft des Gemeinschuldners und damit vor Konkurseröffnung bedingt iSd § 19 Abs 2 KO bestanden hat, so wäre eine Aufrechnung im vorliegenden Fall zulässig. Folgt man jedoch der Auffassung, dass der Abfindungsanspruch erst mit Ausscheiden aus der Genossenschaft entsteht, ist eine Aufrechnung gemäß § 20 Abs 1 KO unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung für die Kommanditgesellschaft und auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Rechtsauffassung, dass der Abfindungsanspruch des aus der Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafters erst im Zeitpunkt seines Ausscheidens entsteht und dass daher eine Aufrechnung zwischen diesem Abfindungsanspruch und mit einer Forderung der Gesellschaft gemäß § 20 Abs 1 KO unzulässig ist. Da die Rechtsstellung des Kommanditisten mit jener des Genossenschafters in mehrfacher Hinsicht vergleichbar ist (so ist etwa die Haftung beider beschränkt, beiden steht bei ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft ein Anspruch auf Abfindung bzw auf ein Ausscheidensguthaben zu), ist die Rechtsprechung auch auf den Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Genossenschafters übertragbar.