07.08.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Anwendbarkeit des § 51 JN bei Klagen gegen nicht im österreichischen Firmenbuch eingetragene ausländische Unternehmen

§ 51 Abs 1 Z 1 JN umfasst auch Klagen gegen nicht im österreichischen Firmenbuch eingetragene Rechtsträger ausländischer Unternehmen, sofern diese ihrem Wesen nach den typischerweise im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Unternehmen annähernd entsprechen, das dem Anspruch zugrundeliegende Rechtsgeschäft auf ihrer Seite ein unternehmensbezogenes Geschäft ist und der ausländische Rechtsträger in einem Register seines Sitzstaats eingetragen ist


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Zuständigkeit, Handelsrechtssachen, ausländische Unternehmer, unternehmensbezogenes Geschäft
Gesetze:

§ 51 JN

GZ 2 Ob 67/08d, 28.04.2008

Der Kläger klagt eine im Handelsregister des US-Bundesstaats Oregon eingetragene Gesellschaft auf Rückzahlung des an die beklagte Partei Geleisteten aus dem mit der Nichterfüllung einer verbindlichen Finanzierungszusage begründeten Rücktritt von einer getroffenen Vereinbarung. Die Zuständigkeit stützt der Kläger auf § 51 Abs 1 Z 1 JN.

OGH: Vom Zuständigkeitstatbestand des § 51 Abs 1 Z 1 JN werden auch Klagen erfasst, die gegen nicht im österreichischen Firmenbuch eingetragene Rechtsträger ausländischer Unternehmen gerichtet sind, sofern a) die ausländischen Unternehmer ihrem Wesen nach den typischerweise im österreichischen Firmenbuch eingetragenen Unternehmern annähernd gleichzusetzen sind (wobei kein zu strenger Maßstab anzulegen ist), b) das Geschäft auf ihrer Seite ein "unternehmensbezogenes" Geschäft ist und c) sie am Ort ihres Geschäftssitzes in einem Register eingetragen sind; dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dieses Register qualitativ dem österreichischen Firmenbuch entspricht. Das erste Kriterium trifft jedenfalls auf solche ausländische Gesellschaftsformen zu, die mit den inländischen Unternehmern kraft Rechtsform (§ 2 UGB), also insbesondere AG oder GmbH vergleichbar sind.

Weitere Voraussetzung für die Zuständigkeit der Handelsgerichte ist, dass der Anspruch aus einem unternehmensbezogenen Geschäft abgeleitet, somit aus diesem selbst geltend gemacht wird. Ansprüche auf Rückabwicklung eines durch Vertragsrücktritt aufgelösten Rechtsgeschäfts, das auf Seiten des Beklagten ein unternehmensbezogenes Geschäft war, fallen in den Zuständigkeitstatbestand des § 51 Abs 1 Z 1 JN. Gibt doch erst der rechtliche Charakter und der Inhalt des Rechtsgeschäfts darüber Aufschluss, unter welchen Voraussetzungen sich eine der Vertragsparteien einseitig vom Vertrag lösen und die in Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen oder einer Bedingung für die Leistungspflicht des Vertragspartners erbrachte Leistung wieder zurückfordern kann. Insoweit bildet jedenfalls das Rechtsgeschäft selbst die unmittelbare Grundlage für die Beurteilung des Klagsanspruchs.