16.10.2008 Verfahrensrecht

OGH: Keine Fristunterbrechung durch neuerlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe während Rechtsmittelfrist

Eine Partei, der im Rahmen der Verfahrenshilfe bereits ein Rechtsanwalt als Vertreter bestellt wurde, kann durch einen (neuerlichen) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwaltes nicht die Unterbrechung der im Lauf befindlichen Rechtsmittelfrist erreichen


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Verfahrenshilfe, Fristunterbrechung, Unterbrechungswirkung
Gesetze:

§ 464 ZPO, § 521 ZPO

GZ 3 Ob 93/08k, 11.07.2008

Während der Rechtsmittelfrist beantragt der Verpflichtete die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang. Das Erstgericht gibt diesem Antrag statt. Der OGH weist den vom Verfahrenshelfer eingebrachten Revisionsrekurs zurück. Der Verpflichtete stellt innerhalb der Rekursfrist einen neuerlichen Verfahrenshilfeantrag.

OGH: Der innerhalb der Rekursfrist gestellte neuerliche Verfahrenshilfeantrag ist nicht geeignet, eine Fristunterbrechung iSd § 464 Abs 3 ZPO iVm § 521 Abs 3 ZPO herbeizuführen. Die Unterbrechungswirkung tritt nämlich nur dann ein, wenn die Partei innerhalb einer Rechtsmittelfrist erstmals einen Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts stellt. Eine Partei, der im Rahmen der Verfahrenshilfe bereits ein Rechtsanwalt als Vertreter bestellt wurde, kann durch einen (neuerlichen) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts nicht die Unterbrechung der im Lauf befindlichen Rechtsmittelfrist erreichen. Diese Auffassung wurde in der Folge jedoch für bestimmte Konstellationen differenziert betrachtet. So wurde etwa ausgesprochen, die (vom Gesetz an sich nicht vorgesehene) Bestellung eines weiteren Verfahrenshelfers durch das Erstgericht müsse als Tatsache hingenommen werden, sodass damit die Revisionsfrist im Ergebnis verlängert werde. Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden darf, auch im Fall eines überflüssigen Verfahrenshilfeantrags eine durch die Unterbrechung einer Rechtsmittelfrist bewirkte Verfahrensverzögerung in Kauf nehmen zu wollen. Eine Partei, der ein Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer schon vor der nunmehrigen Antragstellung (auch) für das Revisionsverfahren beigegeben wurde, bedarf nicht mehr des besonderen Schutzes nach § 464 Abs 3 ZPO, weil deren Interessen im Revisionsverfahren ohnehin der bereits bestellte Verfahrenshelfer wahrnehmen muss Die unnötige Bestellung eines weiteren Verfahrenshelfers kann daher keinen Einfluss auf den Ablauf der Revisions- oder der Revisionsbeantwortungsfrist haben. Dies gilt selbst dann, wenn dem Antragsteller der Beschluss über die neuerliche Bewilligung der Verfahrenshilfe noch innerhalb der laufenden Notfrist zugestellt worden ist.

Soweit in abweichenden Entscheidungen damit argumentiert wird, es müsse der Partei wegen der vom Erstgericht verursachten Unklarheiten in bestimmten Fällen zugebilligt werden, einen weiteren Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für das Revisionsverfahren zu stellen, dessen Fristen damit auch im Sinne des § 464 Abs 3 ZPO unterbrochen würden, ist darauf hinzuweisen, dass in der hier zu beurteilenden Konstellation ein Rechtsanwalt rechtskräftig zum Verfahrenshelfer bestellt wurde. Diesem muss ausreichende Rechtskenntnis unterstellt werden, sodass ihm klar sein muss, dass sich seine Vertretung - auch bei unklarer oder missverständlicher Formulierung - stets auf das gesamte (weitere) Verfahren erstreckt, weil eine Beschränkung auf einzelne Verfahrensabschnitte gesetzlich gar nicht zulässig wäre.