25.12.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zulässigkeit des Widerspruchs bei Säumnis nach Erhebung eines Einspruchs gegen Zahlungsbefehl

Dehnt der Kläger nach einem Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl das Klagebegehren aus und ergeht darüber ein Versäumungsurteil, so ist der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil ungeachtet des § 442a Abs 1 Satz 2 ZPO im Umfang der Klageausdehnung zulässig


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Säumnis, Versäumungsurteil, Widerspruch, Zulässigkeit
Gesetze:

§ 442a ZPO

GZ 2 Ob 179/08z, 24.09.2008

OGH: Nach § 442a Abs 1 Satz 2 ZPO ist der Widerspruch ausgeschlossen, "wenn in dem Verfahren bereits Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl oder Einwendungen im Mandatsverfahren oder im Bestandverfahren erhoben wurden". Die Zulässigkeit des Widerspruchs hängt somit davon ab, ob sich der Beklagte bereits vor der zum Versäumungsurteil führenden Säumnis durch einen Schriftsatz am Verfahren beteiligt hatte, der zur Beseitigung einer sonst vollstreckbar werdenden Entscheidung erforderlich war. Dadurch sollte ein Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen der Verfahrensbeschleunigung und des Beklagtenschutzes geschaffen werden. Eine dogmatische Begründung für die konkrete Ausgestaltung der Regelung kann nur darin liegen, dass die bereits erfolgte Beteiligung am Verfahren einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab nach sich zieht. Das gilt jedoch nach der konkreten Regelung nur dann, wenn die Beteiligung am Verfahren zur Beseitigung einer sonst vollstreckbar werdenden Entscheidung notwendig war; ein anderer - wenngleich aufgetragener - Schriftsatz reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht aus. Nach dessen Wertung ist daher ausschlaggebend, ob dem Beklagten durch eine bereits erfolgte Entscheidung (insbesondere durch einen Zahlungsbefehl im Mahnverfahren) die Gefahr einer vollstreckbaren Leistungsverpflichtung deutlich geworden war.

Diese Begründung trägt indes nur, soweit sich das Versäumungsurteil mit der vorausgegangenen Entscheidung deckt. Wird hingegen das Klagebegehren ausgedehnt, greift die Warnfunktion der bereits ergangenen Entscheidung im Umfang der Ausdehnung nicht mehr ein. Vielmehr liegt insofern in Wahrheit ein neues Begehren vor, das in Bezug auf die Zulässigkeit des Widerspruchs nicht anders beurteilt werden kann als eine neu eingebrachte Klage. Daher muss der Widerspruch nach der dem Gesetz offenkundig zugrunde liegenden Wertung im Umfang der Ausdehnung weiterhin zulässig sein.