25.12.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zu verfahrensinternen Zwangsmitteln nach dem AußStrG

§ 79 Abs 1 AußStrG regelt verfahrensinterne Zwangsmittel, deren Anwendung eine durchsetzbare Pflicht voraussetzt; eine solche kann sich aus § 102 AußStrG für Auskunftspflichten in Unterhaltssachen ergeben


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Unterhalt, Auskunftspflicht, Zwangsmittel, Geldstrafe, juristische Person, Organwalter
Gesetze:

§ 79 AußStrG, § 102 AußStrG, § 354 EO, § 355 EO, § 359 EO

GZ 10 Ob 46/08z, 23.09.2008

OGH: Gem § 79 Abs 1 AußStrG hat das Gericht für den Fortgang des Verfahrens notwendige Verfügungen gegenüber Personen, die sie unbefolgt lassen, von Amts wegen durch angemessene Zwangsmittel durchzusetzen. Diese Bestimmung regelt verfahrensinterne Zwangsmittel, deren Anwendung eine durchsetzbare Pflicht voraussetzt. Eine solche kann sich aus § 102 AußStrG für Auskunftspflichten in Unterhaltssachen ergeben. Als Zwangsmittel kommen insbesondere Geldstrafen, auch um vertretbare Handlungen zu erzwingen, in Betracht; für deren Ausmaß und Rückzahlung gilt § 359 EO sinngemäß (§ 79 Abs 2 Z 1 AußStrG). Der Verweis auf § 359 EO betrifft nur die Höhe der Geldstrafe und ihre allfällige Rückzahlung. Das Gesetz verlangt nicht, dass der Anwendung dieses Zwangsmittels die Androhung der Geldstrafe vorausgehen muss. Eine Verpflichtung des Gerichts, die Geldstrafe zunächst nur anzudrohen, liefe dem der Bestimmung innewohnenden Zweck zuwider, die in § 13 Abs 1 AußStrG normierte Verpflichtung des Gerichts, das Verfahren so zu führen, dass eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung des Verfahrensgegenstands und eine möglichst kurze Verfahrensdauer gewährleistet sind, mit Zwangsmitteln gegen Säumige zu bewahren.

In seiner Rechtsprechung zu §§ 354 und 355 EO vertritt der OGH unter Ablehnung anderer Standpunkte im Schrifttum die Auffassung, dass die in diesen Bestimmungen normierten Geldstrafen zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen (§ 354 EO) oder von Duldungen oder Unterlassungen (§ 355 EO) nur über die juristische Person, die von der titelmäßigen Verpflichtung unmittelbar (allein) getroffen wird, selbst und nicht gegen deren Organwalter zu verhängen sind. Dem ist nach Auffassung des erkennenden Senats auch für die Verhängung der Geldstrafe nach § 79 Abs 2 Z 1 AußStrG zu folgen; es ist nicht in Analogie zu § 24 FBG vorzugehen. Die Geldstrafe ist ohne weiteres in das Vermögen der juristischen Person, die ja die Auskunftspflicht trifft, vollstreckbar. Gewiss kann nur der Wille der Organwalter gebeugt werden, doch lässt sich dies mittelbar durch die Verhängung der Geldstrafe, die jeweils bis zu 100.000 EUR betragen kann, erreichen, und zwar auch dann, wenn Organwalter wechseln. Wer aktuell Organwalter ist, muss vom Gericht daher nicht ermittelt werden, um mit der Verhängung der Geldstrafe den Fortgang des Verfahrens betreiben zu können. Die Verhängung der Geldstrafe über die juristische Person selbst trägt zur bezweckten Straffung des Verfahrens bei.