25.12.2008 Verfahrensrecht

OGH: Zur Begünstigungsanfechtung nach § 30 KO iZm Bürgschaft

Für die Frage der Begünstigungsanfechtung ist maßgeblich, dass dem Beklagten als Bürgen ein Rückgriffsrecht gegen den Hauptschuldner zukam


Schlagworte: Konkursrecht, Anfechtung, Begünstigung, Bürgschaft
Gesetze:

§ 30 KO, § 1358 ABGB

GZ 3 Ob 175/08v, 03.10.2008

OGH: § 30 Abs 1 Z 1 KO setzt ua voraus, dass der Beklagte eine Deckung erlangte, die er "nicht" oder "nicht in der Art" oder "nicht in der Zeit" nach materiellem Recht zu beanspruchen hatte (sog inkongruente oder abweichende Deckung). Die abweichende Deckung besteht darin, dass die tatsächliche Leistung und der Inhalt des materiellen Schuldverhältnisses zur Zeit der Leistung voneinander abweichen, wogegen "gebührende", eine Anfechtung ausschließende Deckung dann vorliegt, wenn sie in einer Art gewährt wurde, auf die der Gläubiger durch Vertrag oder Gesetz schon vor Beginn der Frist des § 30 Abs 1 KO Anspruch erworben hatte. Bei Beurteilung, ob dies der Fall ist, müssen die maßgeblichen Vereinbarungen und Vorgänge nach ihrem wirtschaftlichen Zweck betrachtet werden. Um kongruent zu sein, darf sich die bewirkte Befriedigung nicht wesentlich oder in unüblichem Maß von der tatsächlich zustehenden entfernen. Dies beruht auf dem Gedanken, die Begünstigung durch inkongruente Deckung sei eine so auffällige Tatsache, dass sich der begünstigte Gläubiger nicht damit entschuldigen könne, es treffe ihn kein Verschulden daran, wenn ihm die Begünstigung verborgen geblieben sei. Seine letztendliche Rechtfertigung erhält § 30 Abs 1 Z 1 KO durch die "Verdächtigkeit" der Deckung aus der objektiven Abweichung von der geschuldeten Leistungspflicht. Die Kongruenz zwischen Anspruch und Deckungsleistung ist im Interesse der Gläubigergleichbehandlung an sich nach strengen Maßstäben zu beurteilen. Für die Inkongruenz der Deckung trifft den klagenden Masseverwalter die Behauptungs- und Beweislast.

Maßgeblich ist daher, dass dem Beklagten als Bürgen - unabhängig von der Frage des Übergangs von Sicherungsrechten - ein Rückgriffsrecht gegen den Hauptschuldner zukam. Dieses findet seine Grundlage einerseits in der schuldrechtlichen Beziehung zwischen Hauptschuldner und Bürge (etwa in einem Auftragsverhältnis), gleichzeitig eröffnet das Gesetz noch einen weiteren Regressweg: Derjenige, der eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich haftet, tritt aufgrund der Legalzession des § 1358 ABGB in die Rechte des Gläubigers ein und kann vom Schuldner Erfüllung fordern. Das Rückgriffsrecht steht dem Bürgen auch dann zu, wenn sich der Gläubiger durch Exekution befriedigt hat.

Infolge der im Bürgschaftsvertrag enthaltenen - von § 1358 ABGB abweichenden, aber zulässigen - Vereinbarung, nach der die Rechte der Bank erst mit der vollständigen Befriedigung des Gläubigers auf den Bürgen übergehen sollten, konnte der Beklagte sein Rückgriffsrecht aber nicht bereits ab dem Zeitpunkt seiner Zahlung(en) durchsetzen, sondern erst zu jenem Zeitpunkt, an dem die (gesamte) noch offene Kreditforderung der kreditierenden Bank zur Gänze beglichen war, sollte doch der Forderungsübergang erst zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Erst dann stand ihm die Geltendmachung seiner Bürgenregressforderung offen.