29.01.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Auslegung des Begriffs "Bekannt sein müssen" iSd § 31 Abs 1 Z 2 KO

Bei einer Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 KO steht dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis offen, dass er infolge besonderer Umstände von der Zahlungsunfähigkeit keine Kenntnis haben musste; ein "Wissenmüssen" ist dem Anfechtungsgegner anzulasten


Schlagworte: Konkursrecht, Anfechtung, Zahlungsunfähigkeit, Kenntnis, leichte Fahrlässigkeit
Gesetze:

§ 31 KO

GZ 3 Ob 173/08z, 19.11.2008

OGH: Bei einer Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 KO hat der Anfechtungskläger zur Rechtsfrage, ob die Zahlungsunfähigkeit dem Anfechtungsgegner bekannt sein musste, die Umstände zu beweisen, die diesen Schluss rechtfertigen. Dem Anfechtungsgegner steht der Gegenbeweis offen, dass er infolge besonderer Umstände von der Zahlungsunfähigkeit keine Kenntnis haben musste. Ein "Wissenmüssen" ist dem Anfechtungsgegner anzulasten, wenn seine Unkenntnis auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht, wozu schon leichte Fahrlässigkeit genügt. An die Sorgfaltspflicht bestimmter Großgläubiger ist ein strengerer Maßstab anzulegen. Maßgeblich ist nicht nur der Wissensstand des Gläubigers sondern auch derjenige seines Vertreters, bei juristischen Personen insbesondere das Wissen der Organe.

Die in § 31 KO angesprochene Zahlungsunfähigkeit ist bei einer GmbH gem § 67 Abs 2 KO im Fall einer Überschuldung gegeben (Abs 1 leg cit). Unter der insolvenzrechtlich maßgeblichen Überschuldung einer Kapitalgesellschaft ist nicht schon das Überwiegen der Passiva über die Aktiva zu verstehen. Es muss eine negative Fortbestehensprognose hinzukommen. Von einer positiven Fortbestehensprognose ist nur dann auszugehen, wenn trotz bestehender rechnerischer Unterbilanz die Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit gesichert erscheint.