29.01.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob § 76 Abs 4 GmbHG auch auf Einmanngesellschaften anzuwenden sei

Eine analoge Anwendung von § 76 Abs 4 GmbHG kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die satzungsmäßige Übertragungsbeschränkung für Geschäftsanteile einer GmbH nur zugunsten von weiteren Gesellschaftern angeordnet ist, solche aber nicht vorhanden sind


Schlagworte: Exekutionsrecht, Zwangsvollstreckung, Einmanngesellschaft, Aufgriffsrecht, Anteilserwerb
Gesetze:

§ 76 GmbHG

GZ 3 Ob 172/08b, 19.11.2008

Die Satzung der GmbH, deren Alleingesellschafter (und einziger Geschäftsführer) der Verpflichtete ist, macht die Übertragung der Gesellschaftsanteile weder von der Zustimmung "der Gesellschaft" iSd § 76 Abs 4 GmbHG noch von der eines ihrer Organe oder eines Dritten abhängig. Vielmehr werden eine Anbotspflicht des Abtretenden sowie anteilige Aufgriffsrechte der übrigen Gesellschafter zu einem nach bestimmten Regeln zu ermittelnden Verkehrswert festgelegt.

OGH: Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb im Exekutionsverfahren auf einen solchen Geschäftsanteil der Gesellschaft selbst - zumindest zunächst - ein Recht, wie es § 76 Abs 4 GmbHG vorsieht, nämlich über die Zulassung von Interessenten zum Anteilserwerb zu entscheiden, entstehen sollte, obwohl ihr der Gesellschaftsvertrag ein solches Recht gar nicht gewährt. Demnach wäre der Ansicht zu folgen, dass es bei allfälliger sinngemäßer Anwendung dieser Norm, allein in Betracht käme, weiteren Gesellschaftern der GmbH den Erwerb im Rahmen der Zwangsvollstreckung vorweg zu dem nach der Satzung ermittelten Preis ("Verkehrswert") binnen der im Gesetz genannten Frist zu ermöglichen. Ob diese analoge Anwendung tatsächlich gerechtfertigt wäre oder im Gegenschluss die EO mangels Anwendbarkeit der dazu spezielleren Norm uneingeschränkt anzuwenden wäre, bedarf keiner Klärung, da es im konkreten Fall einer Einpersonengesellschaft an berechtigten "übrigen" Gesellschaftern iS der Satzung, denen der Geschäftsanteil des Verpflichteten angeboten werden könnte, mangelt. Somit kommt eine analoge (bzw entsprechende) Anwendung von § 76 Abs 4 GmbHG jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn in concreto die satzungsmäßige Übertragungsbeschränkung für Geschäftsanteile einer GmbH nur zugunsten von weiteren Gesellschaftern angeordnet ist, solche aber nicht vorhanden sind.