05.02.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zum Bestimmtheitserfordernis ausländischer Exekutionstitel

An ausländischen Titeln darf keine strenge Bestimmtheitsprüfung vorgenommen werden; "offene Titel" muss das Vollstreckungsgericht aber konkretisieren


Schlagworte: Exekutionsrecht, Vollstreckung, Bestimmtheit, Bestimmtheitsprüfung, Konkretisierung, offene Titel
Gesetze:

§ 84b EO

GZ 3 Ob 233/08y, 19.11.2008

OGH: An die Bestimmtheit ausländischer Exekutionstitel dürfen nicht dieselben Anforderungen wie an diejenigen inländischer Titel gestellt werden. Diese grundsätzliche Großzügigkeit bei der Vollstreckung ausländischer Titel geht aber nicht soweit, einem ausländischen Exekutionstitel im Inland mehr an Wirkung zuzuerkennen als im Herkunftsland. Ein wegen Unbestimmtheit im Herkunftsstaat nicht vollstreckbarer Exekutionstitel darf demnach nach § 84b zweiter Satz EO in Österreich zu keiner Exekutionsbewilligung führen. Insbesondere an europäischen Titeln darf keine strenge Bestimmtheitsprüfung vorgenommen werden. "Offene Titel" muss das Vollstreckungsgericht konkretisieren, wobei die zu vollstreckende Forderung ohne weitere Wertungsentscheidung zu berechnen sein muss. Beispielsweise handelt es sich bei dem in einem deutschen Urteil nach der deutschen RegelbetragVO in der jeweils geltenden Fassung festgesetzten Unterhalt um einen geschuldeten Betrag, dessen Höhe ohne Durchführung eines Zwischenverfahrens ermittelt werden kann. Die gebotene Konkretisierung (unter Heranziehung der deutschen Gesetze und Verordnungen) steht daher der Vollstreckbarerklärung nicht entgegen.

Auch der BGH vertritt bei der Beurteilung ausländischer Exekutionstitel eine großzügige Linie. Wenn im Titel auf ausländische Gesetze oder statistische Unterlagen verwiesen wird, hat der um Vollstreckbarerklärung ersuchte deutsche Richter die zur Konkretisierung erforderlichen Feststellungen im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu treffen, soweit dies aufgrund allgemein zugänglicher Urkunden, auf die der Titel verweist, möglich ist.