05.02.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, ob im Exekutionsverfahren zur Hereinbringung einer Geldforderung durch Pfändung und Verwertung eines Geschäftsanteils an einer GmbH der Verpflichtete bei seinem auf die Wiederaufnahme des Titelverfahrens gestützten Aufschiebungsantrag die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils konkret zu behaupten und zu bescheinigen hat

Bei der Pfändung und Verwertung des Geschäftsanteils einer GmbH ist ein Vermögensnachteil des die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens beantragenden Verpflichteten erst in einem Verfahrensstadium offenkundig und braucht daher nicht behauptet und bescheinigt werden, wo bereits ein Schätzungsgutachten vorliegt und daher der Verkauf des Geschäftsanteils unmittelbar bevorsteht


Schlagworte: Exekutionsverfahren, Verwertung, GmbH-Geschäftsanteil, Offenkundigkeit, Vermögensnachteils
Gesetze:

§ 275 Abs 1 EO, §§ 331 ff EO

GZ 3 Ob 212/08k, 19.11.2008

OGH: Die Verwertung eines GmbH-Geschäftsanteils geschieht durch Verkauf (§ 332 EO). Die Offenkundigkeit des Vermögensnachteils ist wegen der erschwerten Wiedererlangungsmöglichkeit nach Verkauf und der Verschleuderungsgefahr gegeben. Fraglich ist aber, ob dies schon dann gilt, wenn erst die Pfändung, nicht aber schon die Verwertung bewilligt wurde, demgemäß noch keine Schätzung vorliegt und eine Versteigerung des Geschäftsanteils noch nicht unmittelbar bevorsteht. Im Zwangsversteigerungsverfahren wird der Vermögensnachteil des Aufschiebungswerbers erst für die Phase nach der Schätzung der Liegenschaft und unmittelbar vor der Versteigerung als offenkundig erachtet.

Dies könnte natürlich auch für die Fahrnisexekution vertreten werden, wie dies in der älteren oberstgerichtlichen Judikatur auch der Fall war. Zwischen der Fahrnisexekution und der Zwangsversteigerung, aber auch der Exekution durch Pfändung und Verwertung eines Geschäftsanteils an einer GmbH bestehen in der Verfahrenspraxis Unterschiede, auch wenn für den Verkauf des Geschäftsanteils die Bestimmungen über den Verkauf gepfändeter beweglicher Sachen maßgeblich sind (§ 332 Abs 2 EO). Die Verwertung (der Verkauf) erfolgt in der Fahrnisexekution wesentlich rascher als in der Zwangsversteigerung (die Schätzung erfolgt häufig erst beim Versteigerungstermin: § 275 Abs 1 EO). Sowohl in der Zwangsversteigerung, aber auch im Verwertungsverfahren nach den §§ 331 ff EO ist stets vor der Versteigerung ein Schätzungsgutachten einzuholen. Die Schätzung wird im Regelfall immer komplexer sein als in der Fahrnisexekution. Bei der Verwertung eines Geschäftsanteils einer GmbH hat der Sachverständige ein Unternehmen zu bewerten. Wegen der daraus resultierenden längeren Verfahrensdauer stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines sofortigen Stillstands des Exekutionsverfahrens durch Bewilligung der Aufschiebung, wenn auch im Aufschiebungsverfahren die Einholung eines Gutachtens als Grundlage der Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung erforderlich ist.

Bei der Pfändung und Verwertung des Geschäftsanteils einer GmbH (§§ 331 ff EO) ist ein Vermögensnachteil des die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens beantragenden Verpflichteten erst in einem Verfahrensstadium offenkundig und braucht daher nicht behauptet und bescheinigt werden, wo bereits ein Schätzungsgutachten vorliegt und daher der Verkauf des Geschäftsanteils unmittelbar bevorsteht. In einem so weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium erübrigt sich im Aufschiebungsverfahren die Einholung eines Schätzungsgutachtens. Die schon vorliegende Schätzung kann bei der Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung herangezogen werden. Wenn der Verpflichtete die Aufschiebung schon in der Anfangsphase des Exekutionsverfahrens beantragt, hat er den durch die Fortsetzung des Verfahrens drohenden Vermögensnachteil konkret zu behaupten und zu bescheinigen.