26.03.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zum Anspruch auf Urkundenvorlage

Ein Anspruch auf Urkundenvorlage setzt nur voraus, dass es sich bei der streitverfangenen Urkunde um eine gemeinschaftliche nach § 304 ZPO handelt


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Urkundenvorlage, gemeinschaftliche Urkunde, Begriff
Gesetze:

Art XLIII EGZPO, § 304 ZPO

GZ 5 Ob 225/08m, 13.01.2009

OGH: Gem § 304 Abs 1 ZPO kann die Vorlage einer Urkunde (ua) dann nicht verweigert werden, wenn diese ihrem Inhalt nach eine beiden Parteien gemeinschaftliche ist. Nach Art XLIII EGZPO kann die Vorlage einer gemeinschaftlichen Urkunde auch außerhalb eines anhängigen Rechtsstreits im Wege der Klage gefordert werden. Ein Anspruch auf Urkundenvorlage gem Art XLIII EGZPO setzt nur voraus, dass es sich bei der streitverfangenen Urkunde um eine gemeinschaftliche nach § 304 ZPO handelt. Die Abweisung eines Vorlagebegehrens kommt daher bloß dann in Betracht, wenn die Pflicht zur Vorlage einer gemeinschaftlichen Urkunde bereits erfüllt wurde oder das Recht auf Vorlage schikanös ausgeübt wird.

Nach § 304 Abs 2 ZPO gilt eine Urkunde als gemeinschaftlich insbesondere für jene Personen, in deren Interesse sie errichtet ist oder deren gegenseitige Rechtsverhältnisse darin beurkundet sind. Was als gemeinschaftliche Urkunde zu verstehen ist, demonstriert § 304 Abs 2 ZPO an zwei Beispielsgruppen. Nach der ersten Alternative muss die Urkunde jedenfalls auch im Interesse des deren Vorlage Verlangenden geschaffen worden sein. Ausschlaggebend dafür ist, ob die Urkunde dem ihre Vorlage Begehrenden als Beweismittel dienen oder seine rechtlichen Beziehungen auf andere Weise sichern, klären oder auf sie fördernd einwirken soll. Ob sie diese Funktion erfüllt, hängt vom Zweck der Urkundenerrichtung ab. Liegt nicht dieser Regelfall vor, in dem der Anspruchsteller und der Urkundenbesitzer durch das beurkundete Rechtsverhältnis verbunden sind, kommt es nach der zweiten Alternative des § 304 Abs 2 ZPO für die Beurteilung der Gemeinschaftlichkeit einer Urkunde nicht auf deren Zweck, sondern allein auf deren Inhalt an. In solchen Fällen genügt es, wenn der beurkundete Vorgang mit dem Rechtsverhältnis, an dem der die Vorlage Begehrende beteiligt ist, - objektiv betrachtet - in einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung steht. Bei Fehlen einer Verbindung des Anspruchstellers und des Urkundenbesitzers durch ein ihnen gemeinsames Rechtsverhältnis ist somit die Frage nach der Gemeinschaftlichkeit einer Urkunde nach deren Inhalt zu lösen und dazu reicht es aus, dass die Urkunde eine objektive und unmittelbare Beziehung zu dem Rechtsverhältnis aufweist, an dem der die Vorlegung Begehrende beteiligt ist.