02.04.2009 Verfahrensrecht

OGH: Scheitern einer Gerichtsstandsvereinbarung trotz materiellrechtlich gültiger Einbeziehung der AGB in den Vertrag?

Enthalten die AGB eine Gerichtsstandsklausel, so ist wegen des in § 104 Abs 1 JN geforderten urkundlichen Nachweises zu beachten, dass selbst bei einer materiellrechtlich gültigen Einbeziehung der AGB in den Vertrag eine verfahrensrechtlich wirksame Gerichtsstandsvereinbarung scheitern kann


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, Gerichtsstandsvereinbarung, AGB, materiellrechtlich gültige Einbeziehung, urkundlicher Nachweis
Gesetze:

§ 104 JN

GZ 2 Ob 159/08h, 22.01.2009

OGH: AGB bedürfen nach stRsp, soweit keine besondere Regelung durch Gesetz oder Verordnung besteht, zu ihrer Geltung der Einbeziehung in den Vertrag und sind anzuwenden, wenn sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht werden. Ob der Hinweis auf die AGB vom Vertragspartner ausdrücklich zur Kenntnis genommen wurde und ob diese ihm vor Vertragsabschluss ausgehändigt wurden, ist nicht entscheidend. Maßgeblich ist nur, dass der Vertragspartner die Möglichkeit hatte, von deren Inhalt Kenntnis zu erlangen. Die stillschweigende Unterwerfung unter die AGB deren Verwenders darf jedoch nur dann angenommen werden, wenn für den anderen Vertragsteil deutlich erkennbar war, dass jener nur unter Einbeziehung seiner AGB kontrahieren wolle.

Enthalten die AGB eine Gerichtsstandsklausel, so ist wegen des in § 104 Abs 1 JN geforderten urkundlichen Nachweises jedoch zu beachten, dass selbst bei einer materiellrechtlich gültigen Einbeziehung der AGB in den Vertrag eine verfahrensrechtlich wirksame Gerichtsstandsvereinbarung scheitern kann. So entspricht es etwa der Rechtsprechung des OGH, dass die generelle Bezugnahme auf - nicht unterschriebene - AGB mit einer Gerichtsstandsklausel selbst dann nicht ausreichend ist, wenn die Bedingungen der Vertragsurkunde bzw dem schriftlichen Angebot bloß beigefügt sind; es muss vielmehr in der unterfertigten Urkunde selbst die Gerichtsstandsvereinbarung enthalten sein. Der OGH hat aber auch schon ausgesprochen, dass unter Kaufleuten (Unternehmern) Gerichtsstandsklauseln in AGB - etwa bei Kaufverträgen - nicht ungewöhnlich, sondern für die Art des Rechtsgeschäfts geradezu typisch und selbst für einen unerfahrenen Vertragspartner nicht überraschend sind. Solche Vertragsbedingungen müssen, sofern sie nicht versteckt auf irgendeiner Urkunde angebracht sind, vom Empfänger der Urkunde, der selbst Kaufmann (Unternehmer) ist, beachtet und abgelehnt werden, wenn er nicht als damit einverstanden angesehen werden will. Die Vereinbarung von Gerichtsstandsklauseln wurde demgemäß zwischen Kaufleuten (Unternehmern) als "branchenüblich" angesehen.