07.05.2009 Verfahrensrecht

OGH: Zur Frage, wann ein im Wege des ERV eingebrachtes Schriftstück als rechtzeitig angesehen werden kann

Auch ein im Wege des ERV eingebrachtes Schriftstück kann nur dann als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn es an das richtige Gericht adressiert war


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, elektronischer Rechtsverkehr, rechtzeitig, Dienststellenkürzel, falsche Angabe
Gesetze:

§ 89d GOG

GZ 4 Ob 18/09i, 24.02.2009

OGH: Gem § 89d Abs 1 GOG gelten elektronische Eingaben als bei Gericht angebracht, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Nach den Materialien zu § 89d Abs 1 GOG soll "das Bundesrechenamt die Funktion einer vorgelagerten Einlaufstelle des Gerichts erhalten". Dieses Verständnis ändert aber nichts daran, dass auch ein im Wege des ERV eingebrachtes Schriftstück - wegen Nichteinrechnung des Postenlaufs - nur dann als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn es an das richtige Gericht adressiert war. Dazu reicht die richtige Bezeichnung des Gerichts im Schriftsatz selbst nicht aus, es muss auch die Anschrift der Postsendung an jenes Gericht lauten, bei dem die Eingabe zu überreichen ist.

Es ist daher festzuhalten, dass die in den Gesetzesmaterialien zu § 89d GOG vorgesehene Funktion der Bundesrechenzentrum GmbH als "vorgelagerte Einlaufstelle des Gerichts" nichts daran ändert, dass ein im Wege des ERV übermitteltes Schriftstück - unter Nichteinrechnung des Postenlaufs - nur dann als rechtzeitig eingebracht angesehen werden kann, wenn es durch Angabe des jeweils zutreffenden "Dienststellenkürzels" an das richtige Gericht adressiert war. Wurde hingegen die Dienststellenkennzeichnung des Adressatgerichts anlässlich der Eingabe des Rechtsmittels unrichtig angegeben, und langte der Schriftsatz deshalb beim falschen Gericht ein, das ihn (mit Zeitverzögerung) an das zuständige Gericht übermitteln musste, so ist die Eingabe nur dann als rechtzeitig anzusehen, wenn sie noch innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht einlangt.