07.05.2009 Verfahrensrecht

OGH: AußStrG - Zulässigkeit der abweichenden Beweiswürdigung durch das Rekursgericht

Das Abweichen der zweiten Instanz von erstgerichtlichen Feststellungen, die sich auf eine unmittelbare Beweisaufnahme stützen, erfordert eine Wiederholung der Beweisaufnahme


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, Beweiswiederholung
Gesetze:

§ 52 Abs 2 AußStrG

GZ 10 Ob 102/08k, 24.02.2009

Für die Betroffene, die deutsche Staatsangehörige ist, ist ein Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters anhängig, im Laufe dessen festgestellt wurde, dass die Betroffene ihrem Sohn eine Vorsorgevollmacht mittels Notariatsaktes erteilt hat. Während das Erstgericht die Betroffene aufgrund des persönlichen Eindrucks für geschäftsfähig erachtete, ging das Rekursgericht davon abweichend und ohne die Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung davon aus, dass die Vorsorgevollmacht mangels Geschäftsfähigkeit nicht wirksam erteilt habe werden können.

OGH: Sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht ist für die Entscheidung über die Bestellung eines Sachwalters wesentlich, ob bei dem Betroffenen im Zeitpunkt der Erteilung einer Vorsorgevollmacht dessen Geschäftsfähigkeit vorgelegen hat. Das Gericht hat sich vor seiner Entscheidung einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen. Dabei handelt es sich um eine unmittelbare Beweisaufnahme. Hat nun das Rekursgericht Bedenken gegen die vom Erstgericht getroffene Würdigung dieser Beweise, ist ein Abweichen von dessen Feststellungen nur dann zulässig, wenn eine unmittelbare Beweiswiederholung durchgeführt wurde, andernfalls ist das Verfahren wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes mangelhaft.