28.05.2009 Verfahrensrecht

OGH: Materielle Streitgenossenschaft bei Miterben, die als Quotenschuldner infolge bedingter Erbserklärung geklagt werden?

Miterben, die als Quotenschuldner infolge bedingter Erbserklärung geklagt werden, bilden eine materielle Streitgenossenschaft


Schlagworte: Erkenntnisverfahren, materielle Streitgenossenschaft, Miterben, Quotenschuldner
Gesetze:

§ 55 JN

GZ 7 Ob 220/08s, 18. 03. 2009

OGH: Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche sind nach § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen, wenn sie 1. von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden (objektive Klagenhäufung) und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, oder 2. von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden (subjektive Klagenhäufung), die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind. Im vorliegenden Fall liegt eine kombinierte Klagenhäufung vor, weil der Kläger zwei Beklagte für drei verschiedene Forderungen in Anspruch nimmt.

Nach § 11 Z 1 ZPO liegt eine materielle Streitgenossenschaft vor, wenn mehrere Kläger oder Beklagte in Ansehung des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. In Rechtsgemeinschaft stehen Miterben nur bei unbedingter Erbserklärung, und nach § 821 ABGB haften bedingt erbserklärte Miterben nur anteilig entsprechend ihren Erbquoten; allerdings liegt für sie ein einheitlicher rechtserzeugender Sachverhalt vor, sodass auch Miterben, die als Quotenschuldner infolge bedingter Erbserklärung geklagt werden, eine materielle Streitgenossenschaft bilden. Jede der gegenüber beiden Beklagten jeweils aus demselben Rechtsgrund erhobenen Forderungen ist daher zusammenzurechnen; es ist also für die Zulässigkeit der Revision nach § 55 Abs 4 JN jede der einzelnen Klagsforderungen mit ihrem Gesamtbetrag zu berücksichtigen.

Davon zu trennen ist die Frage, ob - darüber hinaus - auch eine Zusammenrechnung aller erhobenen Forderungen (unabhängig vom geltend gemachten Rechtsgrund) vorzunehmen ist, also deren Gesamtsumme für die Beurteilung der Revisionszulässigkeit bedeutsam ist. Dabei kommt es auf den Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz an (§ 502 Abs 2 und 3 ZPO), in der von der Klägerin 2.379,55 EUR an (eingeschränktem) Pflichtteilsanspruch, 1.481,86 EUR an Todfallskosten und 25.000 EUR für die Mithilfe im Betrieb verfolgt wurden. Da die beiden niedrigeren Forderungen weder gesondert noch in der Summe 4.000 EUR, also die Grenze für die absolute Unzulässigkeit einer Revision, übersteigen, kann dahingestellt bleiben, ob sie zusammenzurechnen sind. Zu prüfen ist nur, ob eine Zusammenrechnung mit dem Bereicherungsanspruch von 25.000 EUR vorzunehmen ist. Das ist zu verneinen, weil damit weder ein tatsächlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN besteht, jeder Anspruch für sich allein existieren kann und der Bereicherungsanspruch mit den anderen Forderungen nicht aus einer gemeinsamen Tatsache oder aus einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden ist.